Wien - Nach fünf Tagen Debatte, unzähligen Streitereien, Beleidigungen und Skandalisierungsversuchen ist Freitagabend das erste Doppel-Budget von Finanzminister Josef Pröll (VP) parlamentarisch abgesegnet worden. Die Bundesfinanzgesetze für die Jahre 2009 und 2010 erhielten im Nationalrat jeweils nur die Zustimmung der Regierungsparteien. Abgelehnt wurden die Misstrauensanträge von BZÖ und Grünen gegen Innenministerin Maria Fekter (VP), die weder von der Koalition noch von der FPÖ mitgetragen wurden.

Die letzten drei Kapitel, die zur Abstimmung standen, waren Inneres, Landwirtschaft und Finanzen. Wirkliche Aufregung erzeugte nur das erste davon. Orange und Grüne wollten nämlich Innenministerin Fekter aus dem Amt jagen. Für das BZÖ hat die Ressortchefin angesichts der gestiegenen Kriminalitätszahlen das Ministerium zu verlassen, die Grünen beklagten zusätzlich Versagen in der Asyl- und Menschenrechtspolitik.

Die Kritik wurde von der ÖVP weggewischt. Sogar der Parteichef und Vizekanzler rückte aus, um der Innenministerin Geleitschutz zu geben. "Goldrichtig" sei die Sicherheitspolitik Fekters, erklärte Pröll und sein Klubchef Karlheinz Kopf doppelte nach: "Maria Fekter ist die Personifizierung einer höchst erfolgreichen Sicherheitspolitik."

Ganz so weit ging die SPÖ zwar nicht, ihr Sicherheitssprecher Otto Pendl rühmte die Ministerin aber dafür, dass sie 1.000 Exekutivbeamte mehr in den Budgetverhandlungen herausgeschlagen habe. Die FPÖ wollte Fekter das Vertrauen ebenfalls nicht versagen, bot der Ressortchefin aber Hilfe bei der Abwehr einer rot-grünen Sicherheitspolitik an.

Die Innenministerin selbst blieb ungerührt, referierte 31 Minuten lang, wie gut sie ihren Job mache und kündigte dabei die Bildung einer Sonderkommission zur Bekämpfung des religiösen Extremismus an. Insgesamt sei Österreich soundso eines der sichersten Länder der Welt. Und durch die neuen Globalbudgets habe sie die Möglichkeit, die zur Verfügung stehenden Gelder noch effizienter für die Sicherheit einzusetzen.

Friedlich ging die Debatte nicht ab. Sicherheitssprecher Peter Pilz (G) erhielt für einen Zwischenruf gegen Vizekanzler Pröll einen Ordnungsruf, weil er den VP-Chef in die Nähe des Austrofaschismus gestellt habe. FP-Generalsekretär Harald Vilimsky höhnte darüber, dass gerade das BZÖ Fekter aus dem Amt jagen wolle: Der Misstrauensantrag komme gerade von "einer Gruppe, die selbst die Kriminalstatistik nach oben treibt."

Ruhiger ging es traditionell beim Kapitel Landwirtschaft zu, wiewohl sich auch da Aufreger finden ließen. Erstaunlicherweise ließ sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gerade bei diesem Kapitel als Erstredner aufstellen, um seinen Feldzug gegen den Raiffeisen-Konzern fortzusetzen. Unterstützung kam vom BZÖ. Die ÖVP reagierte mit heller Empörung. Weitere Streitthemen in der Debatte: Das vor allem von den Grünen vermisste Klima-Engagement der Regierung sowie die vermeintlich mangelnde Verteilungsgerechtigkeit bei den Agrarförderungen, die von allen Parteien außer der Volkspartei beklagt wurde.

Bis das Budget dann unter Dach und Fach war und die Mandatare wirklich in die Pfingstpause gehen konnten, hatten Abgeordnete und Beobachter noch einiges zu erdulden. Da es unzählige Abänderungsanträge und Entschließungsanträge gab, die teilweise auch noch namentlich - also mit Gang zur Urne - abgestimmt wurde, dauerten die Schlussabstimmungen stolze drei Stunden. Insgesamt wurde über Budgetbegleitgesetz und Budget in den letzten zwei Wochen rund 68 Stunden diskutiert. Alleine zum Budget kamen 584 Redebeiträge zum Aufruf.

In Zahlen sieht das Budget für heuer Ausgaben von 77,5 Mrd. Euro vor. 2010 sollen es (nach Abwicklung des Bankenpakets) mit 70,8 Mrd. Euro wieder etwas weniger werden. Die Staatseinnahmen bleiben mit 63,9 bzw. 57,6 Mrd. Euro deutlich hinter den Ausgaben zurück, weshalb die Defizite auf lange nicht gekannte Dimensionen ansteigen werden: Das gesamtstaatliche Defizit nach den in der EU geltenden Maastricht-Kriterien soll heuer 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, 2010 4,7 Prozent. Gleichzeitig beschlossen wurde auch, dass Politikergehälter und Politikerpensionen in diesem und dem kommenden Jahr nicht erhöht werden sondern erst wieder Anfang 2011.

Deckel drauf hieß es übrigens fürs Erste auch in der Causa Martin Graf, freilich nicht ohne eine umfassende Debatte ganz am Ende der Sitzung. Die Empörung über dessen Attacken gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, hatte die gesamte Plenarwoche dominiert. Nunmehr segneten SPÖ und ÖVP einen unverbindlichen Entschließungsantrag an die Regierung ab, in dem sie die Wortwahl des FPÖ-Politikers verurteilten und die Regierung aufforderten, Maßnahmen weiterzuführen, die geeignet sind, "eine nicht wieder gutzumachende Beeinträchtigung des Ansehens Österreichs im Ausland durch solche unverantwortlichen Äußerungen hintanzuhalten". FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wies die Kritik an Graf noch einmal zurück und meinte, auch ein Präsident müsse "sich wehren dürfen" und verwies dabei auf "Attacken von Muzicant" gegen die Freiheitlichen. Der Präsident der Kultusgemeinde hatte FP-Generalsekretär Herbert Kickl mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels verglichen. (APA)