Bild nicht mehr verfügbar.

David Carradine und sein Vater John Carradine am Set von 'Boxcar Bertha'

AP Photo

Bild nicht mehr verfügbar.

David Carradine feierte 2004 mit "Kill Bill" ein Comeback.

AP Photo/Ric Francis

Bangkok - Quentin Tarantino hatte ihn für sein hybrides Samurai-Rachedrama "Kill Bill" wiederentdeckt: Er war begeistert von der stoischen Aura des US-Schauspielers David Carradine, der in den 70er-Jahren mit der Martial-Arts-Fernsehserie "Kung Fu" (als Kwai Chang Caine) berühmt geworden war.

1936 als Sohn des flamboyanten Charakterdarstellers John Carradine in Hollywood geboren, war sein Weg gewissermaßen vorgezeichnet: Wie seine Brüder Bruce, Keith und Robert zog es ihn zum Film. Carradine studierte Drama in San Francisco, spielte im TV ("Shane") und im Kino - unter anderem bei Martin Scorsese ("Boxcar Bertha", 1972), Hal Ashby (als Woody Guthrie in "Bound for Glory", 1976) und Ingmar Bergman ("Das Schlangenei", 1977).

Erfolgreiche Action-Rollen gehörten von Karrierebeginn an zu seinem Repertoire, exemplarisch "Death Race 2000" (1975), einer PS-gewaltigen Corman-Produktion unter der Regie von Paul Bartel. Schnell folgte unter Bartels Regie ein ebenso erfolgreicher Ableger, "Cannonball!" (1976), und bei Paul W.S. Andersons Remake  "Death Race" (2008) sprach er Off-Texte. Zuletzt war Carradine in Österreich in "Crank 2: High Voltage" im Kino zu sehen.

Im Mai sagte er in einem Interview des Fernsehsenders Tele 5, er sei als Schauspieler vom deutschen Kinohelden Curd Jürgens geprägt worden. "Des Teufels General" habe er "bestimmt acht- bis zehnmal hintereinander" gesehen. In seiner 1995 publizierten umfangreichen Autobiographie "Endless Highway" erzählte er von einer chaotischen Showbiz-Kindheit ebenso wie von drogensatten Hippie-/Gegenkulturjahren und fünf Ehen. Tarantino, ein deklarierter Fan des Buches, blickte bei "Larry King Live" auf CNN am Donnerstag zurück:  "He was a dream. He was a fantastic actor. I think he was also one of Hollywood's great mad geniuses. You have these wild men actors and he was one of them. It was just a pleasure to work with him."

Angehörige fordern Untersuchung

Die Angehörigen Carradines fordern FBI-Ermittlungen. Die Familie glaube nicht an Selbstmord, die widersprüchlichen Berichte über den Tod  seien für sie schwer auszuhalten, sagte der Rechtsanwalt Mark Geragos dem CNN-Talkmaster Larry King: "Sie wollen eine Untersuchung." Die Leiche des Schauspielers wurde in die USA geflogen. Dort soll nach Wünschen der Familie eine Autopsie die genaue Todesursache klären, sagte der Manager. Lebensversicherung ist dabei ein bedeutender Faktor. Das FBI hat inzwischen Kontakt zu den thailändischen Behörden aufgenommen, die ihrerseits angekündigt hatten, dass erst in drei bis vier Wochen ein abschließender gerichtsmedizinischer  Bericht vorliegen werde.

 Carradine war zwei Tage vor seinem Tod in Thailand eingetroffen und hatte mit den Dreharbeiten für seinen Film "Stretch" begonnen, sagte Tiffany Smith von Binder & Associates: "Wir warten, bis sie die Ermittlungen abgeschlossen und herausgefunden haben, was wirklich passiert ist". Er habe aktuell noch einige andere Projekte neben der Hauptrolle in dem Action-Film von Regisseur Charles De Meaux verfolgt.

Carradine war am Donnerstag, den 4.6., morgens tot gefunden worden, erhängt im Kleiderschrank seines Hotelzimmers in Bangkok. Sein Hals sei mit einem gelben Nylonband umbunden gewesen, seine Genitalien mit einem schwarzen, sagte ein Mitglied des nach dem Fund alarmierten Rettungsteams zu CNN.  Nach ersten Berichten über einen Selbstmord des Stars gehen die thailändischen Behörden nun eher von einem Unfall aus, der möglicherweise bei einer Selbstbefriedigungspraktik mit absichtlich hervorgerufenen Erstickungssymptomen geschah. Die Hände seien entgegen anderer Berichte nicht gebunden gewesen.

Die thailändischen Behörden gehen nach Befragung des Hotelpersonals und dem Studium von Videobändern der Überwachungskameras zur Zeit davon aus, dass keine weiteren Personen involviert waren. Der Umstand, dass eine Webseite alte Scheidungsakten publizierte ("deviant sexual behavior which was potentially deadly") und dass eine thailändischen Boulevardzeitung ein explizites, aber unscharfes Tatort-Foto abdruckte, dürfte Spekulationen jedenfalls nicht so bald abreissen lassen.

Jüngster Stand: Genau eine Woche nach dem Tod veröffentlichten seine Brüder, Keith und Robert, einen Bericht des unabhängigen Gerichtsmediziners Michael Baden. Darin heißt es lediglich, Carradine habe nicht Selbstmord begangen. Zur genaueren Klärung würden noch weitere Informationen aus Thailand benötigt. (APA/AP/red auf Grundlage von kam/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.6.2009)