Der vergangene Sonntag war in Tschechien ein hochpolitischer Tag. Neben dem Warten auf die Wahlergebnisse, tagte am Nachmittag außerordentlich auch das tschechische Abgeordnetenhaus, um über einen Misstrauensantrag gegen die Übergangsregierung von Jan Fischer abzustimmen.
Den wies der parteilose Premier leicht ab: Die Koalition aus der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und den Sozialdemokraten erhielt die Zustimmung von 156 der 200 Abgeordneten, darunter auch von den Grünen; die Kommunisten und einige Christdemokraten enthielten sich. Die Technokraten-Regierung soll die EU-Ratspräsidentschaft zu Ende bringen und das Land bis zu den Neuwahlen im Oktober führen.

Weitaus größer war die Spannung bei den EU-Wahlen, denn auch wenn die Wahllokale schon am Samstag um 14 Uhr schlossen, wurde mit der Auszählung der Stimmzettel erst am Sonntag um 22 Uhr begonnen. Laut Endergebnis  zufolge erreichte die ODS mit 31,5 (+ 1,5) Prozent, gefolgt von den Sozialdemokraten mit 22,4 (+13,6) Prozent, den Kommunisten mit 14,2 (- 6,1) Prozent und den Christdemokraten mit 7,6 (- 2,0) Prozent. In den Umfragen waren Konservative und Sozialdemokraten noch gleichauf gelegen.

Den Einzug ins Europaparlament würden demnach sowohl die bis vor kurzem mitregierenden Grünen als auch die europakritische Partei der freien Bürger und die Libertas-Liste verfehlen, die beide für sich reklamierten, vom europakritischem Prä_sidenten Václav Klaus indirekt unterstützt worden zu sein. Die Wahlbeteiligung dürfte mit 25 Prozent noch unter jener von 2004 liegen. (Robert Schuster aus Prag, DER STANDARD, Printausgabe, 8.6.2009)