Viele EU-Regierungschefs können von seinem Erfolg nur träumen. Doch für Silvio Berlusconi bedeuten jene 35 Prozent, mit denen seine Partei bei der EU-Wahl alle Gegner klar distanzierte, eine persönliche Niederlage. Für sein "Volk der Freiheit" hatte der Cavaliere noch vor wenigen Tagen ein Ergebnis über der 40 Prozent-Marke prophezeit.

Ungewohnt genug, dass ein Regierungschef seinen eigenen Wahlsieg nicht kommentiert. Doch als das Ergebnis am Montag feststand, war Berlusconi so ernüchtert, dass er beharrlich schwieg. Mit 35,3 Prozent lag seine Partei unter dem Ergebnis der letzten Parlamentswahlen. Der unaufhaltsame Höhenflug des Cavaliere hatte einen jähen Rückschlag erlitten. Sein Koalitionspartner dagegen sah Grund zum Jubel: die Lega Nord fuhr mit 10,2 das beste Ergebnis ihrer Geschichte ein und festigt damit ihre Rolle in der Allianz. Als ersten Schritt fordert sie die Präsidentschaft der Region Venetien. Der oppositionelle Partito Democratico kaschierte seine Niederlage mit der Feststellung, "stärkste fortschrittliche Kraft in der EU" zu sein.

Linke hält Regionen

Am Montag konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf die Wahlen in Provinzen und Gemeinden. Nach ersten Ergebnissen kann der Partito Democratico das erwartete Debakel teilweise abwenden. Zwar verlor die Linke die Provinzen Neapel, Padua und Piacenza an die Rechte, sicherte sich aber im ersten Anlauf die Provinzparlamente in Florenz, Bologna und Siena. In Mailand, Bari und Venedig war noch ungewiss, ob die in Führung liegende Rechte im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht. In Turin, Ancona und Parma wird es Stichwahlen geben. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 9.6.2009)