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Trauungen werden in einer schiffseigenen Kapelle durchgeführt - rechtliche Grundlage haben die auf dem Schiff geschlossenen Ehen aber keine.

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Täglich bis zu 2394 Passagiere plus Crewfinden auf dem Kreuzfahrtsschiff Platz.

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Diese Ehe landet niemals auf dem Schreibtisch des Advokaten. Rosenkrieg ausgeschlossen, Ehevertrag überflüssig. Wenn Kapitän Frank Juliussen ein Pärchen traut, während im Hintergrund bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt, ist das so gültig wie eine Palmers-Gutscheinmünze im Schiffskasino.

Der Segen des Seemanns ist lediglich eine Hetz, erklärt Richard Janicki, Hotel Director auf der "Norwegian Gem" , einem Giganten von einem Kreuzfahrtschiff, das derzeit seine Runden durchs Mittelmeer dreht. 295 Meter lang ist das Schiff und vierzehn Stockwerke, Pardon, Decks, hoch. Man könnte auch sagen, der Koloss ist eine schwimmende Wohnhausanlage samt Shopping-Center, Freizeitpark mit Bowlingbahn, Kletterwand und Freilufttherme.

Im Büro des Hoteldirektors, er ist eines von 1200 Crewmitgliedern aus bis zu 70 Nationen, kriegt man wenig vom Rummel an Bord mit. Nicht einmal ein Bullauge gönnt man dem Mann, dessen Uniform immerhin vier goldene Streifen zieren. Er sitzt auf Deck7 des Ozeanriesen, sozusagen auf Halbstation zwischen Wasserlinie und Sonnendeck. "Gefragt wird schon nach Hochzeiten, aber wie gesagt: Der Kapitän kann das zwar machen und einen Wisch unterschreiben, vor dem Gesetz ist diese Ehe allerdings nicht gültig" , so der 38-jährige Franzose.

Stolpern zwischen Bars

Eine Kapelle gibt's trotzdem an Bord. Auf Deck13 zwischen der "Plansch-World" mit ihren Pools und Rutschen, den palmenförmigen Laternen im Memphis-Design, dem bunten "Beer-Beer-Beer-and-Beer-sold-here" -Schild und der Spinnakerlounge, wo abends gezeigt wird, was man zu Hause im Tanzkurs gelernt hat, und wo einem beim Karaoke-Contest die Schmachtfetzen um die Ohren fliegen. Ein schlichtes Schild weist auf den kleinen Raum hin, an dem man eher zufällig vorbeistolpert. Betritt man ihn, findet man sich ebenfalls in einem Zimmer ohne Fenster.

Siebzehn Sessel stehen da und zwei Bänke, alles mit violettem Samt bezogen, der fette Spannteppich zeigt Wellenmuster in Farbtönen aller Weltmeere. Der Raum ist von dunklem Holz eingefasst, der dem Ganzen den Anstrich eines 20 Quadratmeter großen Humidors gibt. Zu hören ist lediglich die Aircondition, zu sehen weder ein Kreuz noch ein Pater-Pio-Bildchen. Kerzen sind verboten, das Element Wasser, in geweihter Form, fehlt ebenso. Drei Vasen aus undefinierbarem Material finden sich auf und neben dem Altartisch. Aus ihnen quellen "ewigblühende" Pfingstrosen, Lilien und andere Blütenpracht, die weder einen Flecken Erde noch je einen Sonnenstrahl kennenlernen durften. Der Titel des Altarbildes könnte lauten "rosa Eierspeis auf Meeresoberfläche" . Aber, und das kann man diesem Ort gar nicht hoch genug anrechnen, man hat hier seine heilige Ruhe.

Auf gleicher Wellenlänge

"Wenn ein Rabbi oder Priester an Bord ist, kommt es vor allem an Feiertagen schon dazu, dass der Raum genutzt wird" , erzählt Janicki. Außerdem, so erfährt man von einer jungen Schiffsbediensteten aus Bremen eher im Vorbeigehen, fänden in der Kapelle auch Treffen von Alkoholsüchtigen auf der gleichen Wellenlänge statt, die es beim Neptun nicht leicht haben auf diesem Schiff mit seinen zwölf Restaurants und 13 Bars und Lounges.

Maritim angehauchten Heiratswilligen sei hier dennoch gesteckt: Janickis Worte heißen nicht, dass man den Ehepakt an Bord seines Schiffes nicht auch hieb und stichfest besiegeln könnte. Eine neunzehnseitige Broschüre der "Norwegian Cruise Line" , die ihren Hauptsitz übrigens in Miami hat und zu der auch die "Norwegian Gem" gehört, bietet sehr wohl verschiedene Hochzeitspakete an.

Ein Weddingplanner organisiert alles für den großen Tag auf Hoher See, offiziell abgesegnet wird dieser je nach Breitengrad zwischen Vancouver und Malta von einem Standesbeamten der jeweiligen Hoheitsgewässer. Die Unterlagen informieren über so ziemlich alles - von den Kosten für die Videoaufzeichnung bis hin zur Zeremonie am Strand, oder auch darüber, was für den Kuchen oder die Bouquets aus tropischen Blumen oder Wildpflanzen aus Alaska und für die Entspannungsmassage danach berappt werden muss.

Die Trauung durch den Kapitän also nur ein Klischee? "Ja, es gibt viele Geschichten, die die Gäste von irgendwelchen Serien wie Traumschiff und Loveboat mitbringen" , weiß Janicki. Der ist übrigens nicht verheiratet, und über das Bild von der Braut in jedem Hafen scherzt er lieber nicht. Seine Braut ist auch nicht die See, sondern der Job, sagt er. Statt einer Familie muss er täglich bis zu 2394 Passagiere plus Crew satt machen. (Michael Hausenblas, DER STANDARD, 13.06.2009)