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In über 3.000 Meter tiefem Eis fanden US-amerikanische Wissenschafter rund 120.000 Jahre alte Bakterien.

Foto: AP/Kappeler

London - Eine ziemlich außergewöhnliche neue Bakterienart haben US-amerikanische Mikrobiologinnen entdeckt. Sie fanden die neue Spezies, die auf den Namen Herminiimonas glaciei getauft wurde, nämlich in grönländischem Gletschereis, das aus einer Tiefe von 3.042 Metern erbohrt worden war und rund 120.000 Jahr ist. Durch schonendes Erwärmen zu neuem Leben erweckt, wuchsen die winzigen Mikroben zu leicht bräunlichen Kolonien heran.

Das war allerdings keine völlige Premiere: Bereits vor einiger Zeit hatten die Forscherinnen um Jennifer Loveland-Curtze von der Pennsylvania State University in diesem Eis eine neue Bakterienart - Chryseobacterium greenlandensis - gefunden und zum Wachsen anregen können.
Dazu brauchte es in beiden Fällen freilich eine besonders sensible Art der Wiederbelebung: Der Trick gelang durch monatelanges schrittweise Erwärmen auf zwei und dann auf fünf Grad Celsius, ehe schließlich genügend Material für eingehende Analysen zur Verfügung stand. Die Resultate präsentieren die Forscherinnen im "International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology" (Bd. 59, S. 1272).

Das auffälligste Merkmal der neuen Spezies ist ihre geringe Größe. Die stäbchenförmigen und mit Schwimmgeißeln bestückten Zellen besitzen höchstens ein Zehntel des Volumens von Zellen des Darmbakteriums Escherichia coli. Daher können sie sogar Filter mit einer Porenweite von 0,2 Mikrometern passieren, wie das Forscherteam berichtet.

Die geringe Größe könnte in dem eisigen Lebensraum eine Reihe von Vorzügen mit sich bringen, glaubt Loveland-Curtze. Sie könnte es H. glaciei erlauben, in haarfeinen Wasserkanälen und anderen mikroskopisch kleinen Hohlräumen im Eis zu überleben. Zudem ermögliche sie vielleicht eine besonders effiziente Aufnahme der wenigen Nährstoffe.

Die Anpassung der Exoten an ihre ganz und gar nicht lebensfreundliche Umgebung könnte, so die Forscherinnen, auch bei der Suche nach Leben auf anderen Himmelskörpern helfen - beispielsweise auf dem eisigen Jupitermond Europa. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 16. 6. 2009)