Zeichnung von Andreas Putz: Der Geist von Gossage über Cannes.

Zeichnung: Andreas Putz

Mich muss der Teufel geritten haben, als ich dem STANDARD versprochen habe, täglich einen Bericht über das Werbefestival in Cannes zu schreiben. Hier sitze ich nun also im Palais Stéphanie, direkt an der Croisette, draussen scheint die Sonne und das Parfum, das Kate Blanchett beim Filmfestival getragen hat, liegt noch in der Luft. Und ich drinnen, schreibend. Acht Euro kostet das Cola hier. Das muss man sich einmal vorstellen! Ist das schon die
Hyperinflation? Was die Nüsse aus der Hausbar kosten, hab ich sicherheitshalber gar nicht nachgesehen.

Jedenfalls: Wenn Sie diese Zeilen hier lesen, werden wir schon jurieren. "Cyber" nennt sich meine Abteilung und es ist, das muss ich schon sagen, die spannendste Kategorie im ganzen Bewerb. Nirgendwo sonst ist noch derart viel Neuland zu entdecken und nirgendwo sonst kommt man näher an die Menschen, denen man näher kommen will.

Ich muss viel an Howard Gossage denken. Daran, wie er Werbung betrieben hat: Eine Kampagnenidee auf ein leeres Blatt schreiben, daraus eine Anzeige machen und auf die Reaktionen des Publikums warten. Aus diesen Reaktionen neue Anzeigen machen und wieder auf Reaktionen warten. So entsteht eine Kampagne, deren Verlauf vorher nicht absehbar ist. Die Kampagnen entstehen im Gehen, sozusagen. (Unter der nicht unwichtigen Vorsaussetzung allerdings, dass das Ziel klar definiert ist, bevor die Reise losgeht.)

Diese moderierten Kampagnen, glauben Sie mir, sind wieder unter uns. Und sie finden online, in Echtzeit statt. Das finde ich aufregend.  Blanchett-Parfumesk geradezu. (Von Andreas Putz, Geschäftsführer Jung von Matt/Donau und Mitglied der Cyber-Jury in Cannes, 18.6.2009)