Heidelberg - Als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Übersetzerinnen aus dem amerikanischen Englisch hat die gebürtige Mannheimerin Angela Praesent - sie promovierte mit einer Arbeit über George Orwell - unschätzbare literarische Arbeit geleistet.

Wer etwa jemals ihren Übertragungen der Kurzgeschichten und Romane Harold Brodkeys (1930- 1996) als geduldiger Leser bis in die letzten Verästelungen hinein gefolgt ist, der versteht, dass auch Autoren der sogenannten Weltliteratur der Sprachmächtigkeit ihrer Vermittler bedürfen.

Übersetzer sind dann im besten Falle die "Mitschöpfer" der ihnen zugewiesenen Texte. Praesent, selbst eine wunderbar elegante und kosmopolitische Autorin ("Sie ist nicht in Amerika") und als Jurorin wie als Prosaautorin Teilnehmerin des Ingeborg-Bachmann-Preises, widmete ihre überragende anglizistische Kompetenz u. a. auch John Updike, E. L. Doctorow, Toni Morrison und Anne Enright.

Praesent, zuletzt in Südfrankreich (Cotignac) lebend, rief in den 1980ern gemeinsam mit Gisela Krahl auch die Reihe "Neue Frau" bei Rowohlt ins Leben. Die Bereitstellung eines intelligenten Leseangebots für die realen Abnehmer des schier unüberschaubaren Buchangebots ("die Frauen!") war das Ziel einer umfassend versierten "Femme de lettre" , die im Verlauf ihrer verblüffend produktiven Karriere mit dem Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt- und dem Paul-Celan-Preis ausgezeichnet wurde.

Ihr Geheimnis bestand im souveränen Wissen nicht nur um die englische Sprache, sondern in der Kenntnis der angelsächsischen Lebenswelt(en). Praesent starb jetzt, nur 64 Jahre alt, in Heidelberg. (Ronald Pohl / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.6.2009)