Wien - Endgültig rechtskräftig erledigt ist nun das arbeitsrechtliche Verfahren, das ein homosexueller Straßenbahner gegen die Wiener Linien gewonnen hat, nachdem ihm wegen angeblicher Dienstunfähigkeit gekündigt worden war. Die Wiener Linien nehmen davon Abstand, die in zwei Instanzen festgestellte Nichtigkeit der Kündigung beim Obersten Gerichtshof (OGH) anzufechten.

Streit um finanzielle Entschädigung

"Mein Mandant hat sich somit nach beinahe fünf Jahren Prozessdauer gegen allen Widerstand und alle finanziellen Durststrecken seine Dienstnehmerstellung wieder erstritten", stellte Michael Sommer, der Rechtsanwalt des 38-jährigen Mannes, am Mittwoch fest. Dennoch kommt der Erfolg einem Pyrrhussieg gleich, denn die Vergleichsgespräche zwischen dem Straßenbahner und den Wiener Linien über die finanzielle Entschädigung des mit Wissen seiner Vorgesetzten jahrelang gemobbten Arbeitnehmers sind vorerst gescheitert. "Die Gegenseite wollte eine Gesamtabfindung von maximal 350.000 Euro samt Übernahme sämtlicher Prozesskosten leisten", so Sommer. Sein Mandant verlange allerdings eine Gesamtentschädigung in der Höhe von rund 1,2 Millionen Euro: "Wenn die Gegenseite nicht eine angemessen höhere Summe anbieten sollte, wird es keine vergleichsweise Lösung geben. Mein Mandant kann und will die Jahre seines Martyriums nicht so einfach hinter sich lassen."

Anspruch "verjährt"

Die Wiener Linien haben dem 38-Jährigen etwa rund 48.000 Euro an rückwirkend zustehendem Entgelt überwiesen, während jener diesbezüglich 170.000 Euro brutto geltend gemacht hat. "Den Rest wird er sich unter überwiegend eigenem Prozesskostenrisiko wiederum erstreiten müssen", vermutet sein Rechtsbeistand. Die Wiener Linien stünden auf dem Standpunkt, dass die über den bezahlten Betrag hinausgehenden Ansprüche "verjährte" Zeiträume betreffen. Weiters akzeptieren die Wiener Linien laut Sommer das geltend gemachte Schmerzensgeld für das erlittene Mobbing in Höhe von 200.000 Euro nicht, weshalb auch in diesem Punkt mit weiteren rechtlichen Schritten zu rechnen sei.

Depressives Belastungssyndrom durch Mobbing

Der 38-jährige Mann war laut rechtskräftigem Urteil aufgrund seiner sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz jahrelang von KollegInnen gemobbt worden. Dass er infolge dessen schließlich an einem depressiven Belastungssyndrom erkrankte, lag nach Ansicht der Gerichte im Mitverschulden der Wiener Linien, da nichts gegen "systematische Anfeindungen, Schikanen und Belästigungen" - so die Feststellungen des Erstgerichts - unternommen wurde, obwohl das Unternehmen davon wusste. Der Betroffene hatte sowohl Vorgesetzte als auch PersonalvertreterInnen um Hilfe gebeten.

Auch die Geschäftsführung und die Magistratsdirektion erlangten Kenntnis von den schwierigen Arbeitsbedingungen des Mannes. Statt für Abhilfe zu sorgen, wurde dem Mann nach einem dreimonatigen Krankenstand gekündigt, weil er - so die Einschätzung in einem direktionsärztlichen Gutachten - für die Erfüllung seiner Dienstpflichten "körperlich ungeeignet" sei. (APA)