Porsche-Linie? Aber klar doch. Und dennoch müssen bei diesem Coupé noch zwei Türen zusätzlich rein, übrigens auch zwei zusätzliche Arbeitsplätze, vollwertig, bitte.

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Kein Spaß ist der Flügel beim Turbo: Das ist ernst gemeint, 500 PS verlangen Abtrieb und Überblick. Wenn vorn kein Kumpel sitzt, kann es hinten gemütlich sein.

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Hier fahren vier Leute Porsche - alle Panamera. Die Sitze hinten sind die gleich schnellen wie vorn.

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Eine Prognose sei hier gewagt: In diesem Auto wird viel gespieben werden. Dann nämlich, wenn hinten die Kinder sitzen und vorn der Papa oder die Mama am Gas hängt. Natürlich ist der Panamera auch so etwas wie eine Familienkutsche, selbst vier Erwachsene finden ganz bequem Platz, aber der Panamera ist auch ein Sportwagen, ein Porsche eben. Wenn sich da einer vorn am Fahrersitz an das Potenzial des Wagens herantastet, sollte hinten ein Sackerl bereitliegen.

Noch eine Prognose sei hier gewagt: Dieses Auto wird ein kommerzieller Erfolg werden. Es wird sich gut verkaufen. Da wird sich manch einer überlegen, ob er sich nicht noch schnell eine Familie anschafft, damit sich das Auto rechtfertigen lässt. Die Zahlen, die Porsche nennt, klingen ein bisschen tiefgestapelt: 20.000 Stück sollen im Jahr verkauft werden, in Österreich könnten heuer noch 75 Stück auf den Markt kommen. Womit haben wir es zu tun? Mit einer Reiselimousine, die zugleich auch kompromissloser Sportwagen sein soll. Vier vollwertige Sitze mit vier Türen auf einer Länge von knapp fünf Metern in einer coupéhaften Form unterzubringen war für Porsche keine ganz einfache Übung. Viele Kollegen sagen: schiach. Wir sagen: stimmt nicht. Der Panamera ist kein 911er, will auch keiner sein. Die porschetypischen Gene hat er sich dennoch bewahrt, die langgezogene, insgesamt weniger bullige Linie bringt auch Eleganz ins Spiel, bei einer sportlichen Reiselimousine nicht ganz verkehrt. Außerdem: Der Sündenfall ist mit dem Cayenne längst passiert, da passt der Panamera viel besser zur Marke. Der Panamera, das sind vorläufig drei Antriebe: der S mit 400 PS, der 4S mit Allrad und ebenfalls 400 PS und der Turbo mit 500 PS. Alle haben sie einen Achtzylindermotor mit 4,8 Liter Hubraum. Empfehlenswert ist sicherlich das automatische Siebengangdoppelkupplungsgetriebe anstelle des herkömmlich Sechsgangschalters.

Wir haben uns auch hinten reingesetzt, das macht weniger Spaß als vorn, aber man muss sagen: komfortabel und ausreichend Platz. Hinten wurden übrigens die gleichen Sitze verbaut wie vorn. Sitzheizung, -kühlung und verstellbare Auflagefläche soll es auch hinten geben. Lustiger ist es aber vorn, weil hier auf 400 oder 500 PS Einfluss genommen werden kann, wobei man sagen muss: Das klingt fast nach mehr, als sich dann niederschlägt. Zum Turbo: Es ist erstaunlich, wie wenig brachial die 500 PS daherkommen. Ein sehr entschiedener Vortrieb, aber doch zivilisiert. Das mag auch daran liegen, dass man von sehr viel Auto umgeben ist. 250 km/h (in Deutschland darf man!) stehen gleich einmal an – man spürt sie nicht. Und der Wagen würde locker bis 303 km/h weiterbeschleunigen, wenn man das will und braucht. Ich behaupte einmal: Dann verstummt auf der Reise jede Unterhaltung. Auch die Kinder würden hinten von der Erkenntnis naschen: So ist das also. Für den nötigen Abtrieb sorgt ein Flügel, der bei 90 km/h ausfährt, sich selbst verstellt und bei 280 km/h durch Verstellung dann noch einmal für mehr Abtrieb sorgt.

Was jetzt seltsam erscheinen mag: Die "nur" 400 PS im PanameraS haben beim Test subjektiv mehr Spaß gemacht. Der Wagen spricht unmittelbarer an, er wirkt agiler und radikaler, auch wenn die Daten auf dem Papier natürlich für den Turbo sprechen. Dieser braucht für den Sprint auf 100 km/h nur 4,2 Sekunden, der S immerhin 5,6 Sekunden.

Aber auch der Verbrauch ist bei Porsche ein immer wichtiger werdendes Thema. Ein Verbrauch von unter neun Litern ist möglich. Von der Aerodynamik über die Reifen bis zum Motormanagement wurde an allen Schrauben gedreht, auch eine Start-Stopp-Funktion, die beim Anhalten den Motor abstellt, wurde eingebaut. Man könnte also, wenn man wirklich wollte – sparen. Das ist natürlich nicht die primäre Intention eines Porsche-Käufers. Unsere Erfahrung beim Test: Auch 27 Liter Verbrauch sind locker möglich. Wenn man fährt wie ein Vollidiot. Wozu wir natürlich auch verpflichtet sind, sozusagen im Namen der Wissenschaft. Um das auf den Boden zu bringen: Der Panamera ist ein richtiger Sportwagen, da kann und will Porsche keine Fragen offenlassen. Aber man bemüht sich, Verantwortung zu zeigen, das schuldet man dem allgemeinen Nachdenken, das stellt sich selbst bei 303 km/h nicht ab. (Michael Völker/DER STANDARD/Automobil/3.7.2009)