Foto: DER STANDARD

Von allen preisgekrönten Büchern des Jahres 2008 verkörpert "Orientation & Identity" am deutlichsten die Forderung, dass die Form dem Inhalt zu entsprechen hat. Gestalter werden dafür ausgezeichnet, dass sie ihre Produkte benutzbar machen; das gilt für DVD-Player ebenso wie für Druckwerke. Letztere muss man natürlich vor allem lesen können, sie sollen aber auch, erst recht wenn der Inhalt komplexer wird, den Zugang erleichtern und bei der Lektüre halten. Der großformatige, durch Karton-Covers (offenbar ein Markenzeichen des Springer-Verlags) verstärkte Führer durch internationale Leitsysteme löst diese Aufgabe elegant. Der Kommunikationsdesigner und Dozent an der Angewandten Erwin K. Bauer und der Grafikberater und -gestalter Dieter Mayer haben europaweit 17 Projekte ausgewählt, deren Zeichensprache - die zwei- und dreidimensionalen Techniken der Informationsvermittlung - als Vorbild dient.

Um die jeweilige Lösungsfindung zu veranschaulichen, kommen Auftraggeber und beauftragte Designer in Interviewform zu Wort; Fotos zeigen, wie die Ergebnisse aussehen: Hinweisetafeln, Farbleitsysteme, C.I. an Gebäuden und Hallen; ein Glossar listet technische Details, verwendete Typografie, Adressen etc. auf. Die Arbeiten reichen von der Ausstellung "2000 Jahre Karlsplatz" des Wien Museums bis zum T-Mobile-Campus in Bonn. D/A/CH ist stark vertreten, mehrere Arbeiten kommen auch aus den Niederlanden, was den Qualitätsstand der Dinge widerspiegelt. Den beiden Buchmachern ist es gelungen, diese Qualität in ihre Porträtgalerie zu übertragen. Für klassische wie experimentell schräge Leitsysteme haben sie einen Rahmen geschaffen, der neutral bleibt, ohne die eigene Herkunft aus der klassischen Moderne zu leugnen. Schönstes Beispiel dieser Entsprechung ist wohl der Flughafen Zürich, dessen unerreichtes, über 30 Jahre sanft weiterentwickeltes Informationsdesign hier ebenfalls gewürdigt wird. Ein nettes Detail: Die Seiten sind mit einer Registerstanzung zum leichteren Auffinden der Projekte versehen. Das benutzt man gerne, das schwere Papier verhindert, dass sich Eselsohren bilden. Umso mehr also kann man häufig nachschlagen und sich inspirieren lassen. (Michael Freund, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 04./05.07.2009)