Gerhard Benedikt Friedl 1967–2009

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Berlin - Die Welt des Kapitals am Beispiel der deutschen Nachkriegsgeschichte als Summe krimineller Delikte, bizarrer Anekdoten und Erfolgsgeschichten, die immer wieder in Katastrophen enden: Hat Wolff von Amerongen Konkursdelikte begangen?, Gerhard Benedikt Friedls erster Langfilm von 2004, hat nicht nur einen klingenden Titel, sondern besticht als luzider Kommentar über die Darstellbarkeit von Wirtschaftsprozessen.

Ton und Bild führen in diesem Film ein widerstreitendes Zusammenleben. Die Schwenks und Fahrten durch Städte, Arbeitswelten und Industrieanlagen erklären diese Chronique scandaleuse der deutschen Wirtschaftsgeschichte nicht, sondern sie weisen auf eine viel fundamentalere Frage hin - darauf nämlich, ob sich komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge filmisch überhaupt adäquat bewältigen lassen. "Der Film schwindet. Seine Erfahrbarkeit ist sein Argument", schrieb der Regisseur über seine mehrfach prämierte Arbeit, die gerade im Jahr der Finanzkrise wieder große Aktualität hat.

Am 21. Juli 1967 in Bad Aussee geboren, studierte Friedl zunächst an der Universität Wien Philosophie und wechselte dann an die Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF), wo er Filmregie studierte. Bereits mit Knittelfeld - Stadt ohne Geschichte (1997) erwies er sich als experimenteller Dokumentarist mit unverwechselbarer Handschrift und Stilsicherheit.

Die österreichische Kleinstadt wird darin auf der Bildebene als prototypischer Ort vermessen, während auch hier der Ton eine andere Geschichte erzählt: eine erschreckende Chronik alltäglicher Gewalt, in der zwischen Meinung und Fakt kaum ein Unterschied gemacht wird.

Zuletzt soll der Regisseur an einem Film über die Karibik gearbeitet haben. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist Gerhard Benedikt Friedl in der Nacht auf Freitag in Berlin 42-jährig gestorben. Der österreichische Dokumentarfilm ist um einen seiner prononciertesten Vertreter ärmer geworden. (Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2009)