Seit 11 Jahren arbeitet Lefö-Ibf österreichweit als nach wie vor einzige Opferschutzeinrichtung für Betroffene von Frauenhandel.

Foto: Melanie Andrej

Koordinatorin Evelyn Probst (rechts) berät sich mit Kolleginnen.

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Für Opfer von Frauenhandel hat sich mit neuem Bleiberecht und reformierter Strafprozessordnung einiges verbessert. Doch gesetzliche Hindernisse erschweren Betroffenen nach wie vor den Weg in einen besseren Alltag. Die LEFÖ-Interventionsstelle für Opfer von Frauenhandel informiert dieStandard.at über die großen Hürden und kleinen Erfolge ihrer Pionierarbeit.

Getrübte Freude

Betroffene von Frauenhandel haben durch das seit April 2009 neu geregelte Bleiberecht einen Anspruch auf humanitären Aufenthalt. "Das ist ein wichtiger Schritt in der Anerkennung von Menschenrechten", sagt Evelyn Probst, Koordinatorin von LEFÖ-IBF. Für die geschädigten Frauen sei das eine große Erleichterung. "Sie befinden sich nicht länger in einer unsicheren Rechtslage und können sich nach den traumatischen Erfahrungen leichter fangen", erzählt die Psychologin.

Dennoch sieht die Organisation das neu geschaffene Gesetz nur bedingt als Erfolg. "Das Recht bezieht sich allein auf Opfer, die in einem Strafverfahren mitwirken", erklärt Probst. "Im Fokus muss aber stehen, dass einer Person massive körperliche und seelische Verletzung zugefügt wurde." LEFÖ-IBF fordert daher, den Rechtsanspruch auf alle Betroffene auszuweiten, die von einer Opferschutzeinrichtung als solches erkannt werden.

Positive Wirkung der neuen Gesetze

Erfreut zeigt man sich bei der NGO über die 2008 in Kraft getretene Strafprozessordnung. "Opfer haben jetzt viel mehr Möglichkeiten. Das erleichtert unsere Arbeit mit den Frauen wesentlich", sagt Probst. Geschädigte können nun die Wiederaufnahme von Gerichtsverfahren beantragen und bekommen immer häufiger Schmerzensgeld zugesprochen. "Erst letzten Monat wurde einer Betroffenen 10.000 Euro zuerkannt", berichtet die international tätige Expertin. Allerdings stehe die Höhe des Schadenersatzes oft noch nicht im richtigen Verhältnis zum erlittenen Schmerz: "Er ist nach wie vor zu niedrig", kritisiert Probst. 

Das ewige Sorgenkind

Kopfzerbrechen bereitet dem Expertinnen-Team bei Lefö die österreichische Arbeitsmarktpolitik. Auf der Suche nach einer Anstellung werden Opfern von Frauenhandel zahlreiche Steine in den Weg gelegt. "Das ist der Punkt, wo wir am meisten anstehen, zugleich aber einer der Wichtigsten für die Frauen. Wie sollen sie ohne Arbeit Fuß fassen?", fragt Eva Kaufmann, Mitarbeiterin von LEFÖ-IBF.

Ähnlich problematisch verhält es sich mit der medizinischen Betreuung betroffener Frauen. Denn die Gesundheitsversorgung ist durch das österreichische Gesetz nicht geregelt. In Folge sind die Opfer vom guten Willen einzelner ÄrztInnen und Einrichtungen abhängig, die unentgeltlich behandeln. "Das müsste grundsätzlich verbessert werden, bei Gesundheit und Arbeitsmarkt sind andere Länder weit voraus," betont Probst im Gespräch mit dieStandard.at.

Erfolgreiche Sensibilisierung

Im Jahr 2008 hat LEFÖ-IBF 203 Frauen und Mädchen betreut - 16 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Durch intensive Öffentlichkeits- und Vernetzungsarbeit hat sich die Organisation mittlerweile bundesweite eine Namen gemacht. "Es freut uns sehr, dass die Behörden Betroffene von Frauenhandel immer öfter erkennen und zu uns vermitteln. Wir brauchen aber in absehbarer Zeit eine Aufstockung unserer Ressourcen", sagt die Psychologin.

Wenn Evelyn Probst zurückblickt und zehn Jahre Interventionsarbeit Revue passieren lässt, sieht sie Verbesserungen, wenn auch nur im Detail: "Es gibt inzwischen mehr Menschen, die für das Thema sensibel sind." Rechtlich habe sich gesamt gesehen nicht sehr viel getan. Die neuen Gesetze hätten allerdings "großes Potential". Dabei sei es aber wichtig, dass sie weiter verbessert und auch wirklich angewandt werden. "Es bleibt also noch viel zu tun", so Probst, doch Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. (Melanie Andrej, dieStandard.at, 10.7.2009)