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"Gran Scala" mittein in der spanischen Wüste bleibt...

Foto: Reuters/Aragon Government

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...vorerst nur ein Traum.

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Als Symbole von Reichtum und Wachstum wollten Wolkenkratzer und Megabauten in den kommenden Jahren allerorts die Angesichter der Metropolen verändern. Vor allem in den Emiraten, aber auch in China und Russland wurden noch bis vor kurzem Baupläne babylonischen Ausmaßes geschmiedet - die bis 2020 gewiss nicht nur Himmel und Wasser erobert hätten. Aber nun ist Krise und die zeichnet ein anderes Bild: Verwaiste Baustellen, verräumte Entwürfe, entlassene Arbeiter. "Alles, was spektakulär ist, steckt", sagt Dietmar Steiner, Direktor des Architekturzentrum Wien. Und die Skylines von 2020? Ungewiss.

Warten auf bessere Zeiten

Mit einer Rekord-Höhe von einem Kilometer hätte der neue Nakheel-Turm in Dubai mehr als nur an den Wolken gekratzt, mit zweieinhalb Millionen Quadratmetern Fläche sollte Norman Fosters "Crystal Island" in Moskau alles an Größe übertrumpfen - beide Projekte setzen vorerst nur als Computeranimationen neue Maßstäbe. "Vor allem Länder mit starken Privat-Partnerschaften stehen vor großen Problemen", erklärte Christian Kühn von der Technischen Universiät Wien. Während in Russland und China zunächst vor allem zugewartet wird, wurden in den Vereinigten Arabischen Emiraten bereits die Hälfte aller bis 2012 geplanten Bauvorhaben abgesagt.

"Vor allem in Dubai ist vieles ins Stocken geraten", so Kühn. Halbstaatliche Investitionsgesellschaften ziehen sich zurück, für Baufirmen erließ das Arbeitsministerium ein Dekret, das Emiratis vor Kündigung schützt, solange noch nicht alle gleich qualifizierten Ausländer entlassen sind. Dabei sollen noch im vergangenen Herbst geschätzte 20 Prozent aller Baukräne der Welt in den Emiraten im Einsatz gewesen sein. "Wir haben in den letzten Jahren eine wahre Rallye gehabt, wo ständig eines das andere übertrumpft - es hat sich abgezeichnet, dass die ein Ende haben muss", sieht Dietmar Steiner auch Chancen im "Gesundschrumpfen": "Die Megamanie wird begrüßenswert weniger, mittelasiatische Machtdemonstrationen werden sich einbremsen."

"In Holland steht alles"

In Europa wird man dagegen wenige gigantische Projekte in sich zusammenfallen sehen - "weil sie gar nicht erst geplant wurden". Von Stopps betroffen sind allerdings Gewerbeimmobilien sowie der Wohnbau. "Da ist vieles dramatisch eingebrochen, in Holland steht alles, da werden selbst Baustellen nicht mehr fertiggestellt", so Steiner. Durch den hohen Anteil staatlicher Förderung sei man in Europa aber "im Verhältnis zum Rest der Welt ziemlich abgesichert", Österreich sei diesbezüglich geradezu "eine Insel der Seligen": "Der Kulturbau, der Universitätsbau, der Wohnungsbau ist in erster Linie Teil staatlich geförderter Bauvorhaben - und die gehen weiter."

Im Kraftfeld der internationalen Krise leidet hierzulande bisher also vor allem das Vertrauen. "Man hat das Gefühl, man muss sich Sorgen machen, hat aber keine akuten Probleme", beschreibt Kühn die Stimmung in der Branche. Drastisch sinkende Mietpreise verunsichern Investoren, zu tatsächlichen Einbrüchen ist es aber noch nicht gekommen. "Ich gehe davon aus, dass relevante Bauten wie das Neue Kaufhaus Tyrol und die Wiener Wirtschaftsuniversität auf jeden Fall fertiggestellt werden", ist auch Steiner zuversichtlich. Die Warteschleife für Megaprojekte wie die Donaucity Towers habe in Österreich nur bedingt mit der Krise zu tun. "Wir hatten einfach nie einen Boom, wie etwa in Spanien. Wir waren in dieser Hinsicht immer ein bisserl fad." Und wo in guten Zeiten kein Boom war, da gibt es in schlechten auch keine Flaute.

Rekord-Projekte und Fantasie-Gebilde

Auch wenn die Finanzkrise zahlreiche architektonische Megaprojekte also derzeit nicht zulässt, Pläne und Zukunftsvisionen gibt es zuhauf. Von spektakulären Wolkenkratzern über kulturelle Aushängeschilder bis hin zu überdimensionalen Brücken und schwer vorstellbaren Tunnelprojekten reichen die Ideen der internationalen Architekten, Planer und Ingenieure (siehe dazu auch Ansichtssache).

In Frankreich träumt Präsident Nicolas Sarkozy etwa von "Grand Paris". Er lud dazu zahlreiche Architekten ein, Pläne zu erstellen. Die zehn Anfang des Jahres ausgewählten Entwürfe von Jean Nouvel oder Antoine Grumbach reichen von in den Himmel wachsenden Öko-Städten bis hin zur Ausdehnung der Metropole bis zur Küstenstadt Le Havre mit der Seine als Hauptverkehrsader. Die teils visionären Konzepte sind derzeit im Pariser Architekturmuseum an der Place Chaillot zu begutachten und vor allem als Inspiration gedacht. Konkret sollen in Paris bis 2020 der öffentliche Nahverkehr verbessert und neue Hochhäuser gebaut werden. Und schon 2012 könnte die neue Metro "Grand Huit" (Große Acht) in Betrieb gehen, die die bisher öffentlich nur schwer erreichbaren Vorstädte miteinander verbindet.

Futuristisches Sofia

Schon weiter sind die Pläne in Sofia gediehen. Für etwa fünf Milliarden Euro wird das Zentrum der bulgarischen 1,5-Millionen-Stadt nach einem Entwurf von Dominique Perrault in eine futuristische City umgebaut. Zwei parallel verlaufende Ketten aus Gebäuden für staatliche Ministerien, Unternehmensräume, Wohnhäuser sowie Einkaufszentren, Banken und Hotels sollen an die Gebirgsketten um Sofia erinnern, auf beiden Seiten sind grüne Parkanlagen geplant. Perrault habe sich als Einziger über das Relief im Großraum der Stadt erkundigt, wird die Projektierung im Museum für ausländische Kunst in Sofia gelobt. Die Arbeiten am Regierungsviertel sollen bis 2018 abgeschlossen sein, nach der Fertigstellung der gesamten City sollen hier mehr als 25.000 Menschen leben und arbeiten. "Alles wird neu gebaut - so wie in Dubai", schwärmte kürzlich eine Mitarbeiterin des Museums.

Doch der Vergleich hinkt, wurden doch in Dubai aufgrund der Finanzkrise bereits die Hälfte aller bis 2012 geplanten Bauvorhaben abgesagt - nicht zuletzt, weil viele Gelder privater Investoren im Spiel sind. Die Stiftung Bauhaus in Dessau, die im September eine Konferenz zu Städtebau in der Krise veranstaltet, glaubt angesichts der Verhältnisse an "langfristige Verwerfungen in den sozialökonomischen Verhältnissen, den Raummustern von Regionen und den Nutzungsstrukturen von Städten". Die Folgen der Krise seien "eingebrochene Nachfrage, Stellenabbau in Architekturbüros, Schließung von Niederlassungen und Platzen von prestigeträchtigen Bauvorhaben in zuvor noch boomenden Städten wie Dubai und Las Vegas".

"Gran Scala" auf der langen Bank

Apropos Las Vegas, auch gigantische Städteneubauprojekte im Stile der Glücksspielmetropole liegen zur Zeit auf Eis. Um "Gran Scala" etwa, eine Mischung aus Vegas und Disneyland mitten in der spanischen Wüste in der Region Aragonien, ist es in den vergangenen Monaten recht still geworden. Auf 20 Quadratkilometern hätten hier 32 Casinos, 70 Hotels, fünf Freizeitparks, eine Pferderennbahn, eine Stierkampfarena, ein Golfplatz, 230 Restaurants und 500 Geschäfte entstehen sollen, dazu ein Konferenzzentrum und Wohnsiedlungen für rund 100.000 Menschen. Bereits 2015 hätte das groß angekündigte Megaprojekt mit Kosten von rund 17 Milliarden Euro fertiggestellt sein sollen, jährlich wurde mit 25 Millionen Touristen gerechnet.

"Gran Scala" bleibt vorerst aber wohl ebenso nur ein Traum wie das russische Zockerparadies Asow City am Asowschen Meer, eine der vier Regionen in Russland, in denen seit 1. Juli das Glücksspiel noch erlaubt ist. Wie kürzlich berichtet, plant der Kreml einen Milliardenteuren Vegas-Verschnitt, der jedoch größtenteils von Privatinvestoren gedeckt wäre. Die Lokalregierungen finanzierten bisher die Infrastruktur um 4,4 Millionen Euro - doch aufgrund der Wirtschaftskrise sind die Arbeiten derzeit großteils eingestellt. Nichtsdestotrotz: Bis Ende des Jahres soll der erste Glücksspieltempel fertiggestellt sein - und dieser könnte skeptische Geldgeber vielleicht neu motivieren. (APA/red)