Lange hatte der ORF Kärnten, Organisator der "Tage der deutschsprachigen Literatur", gezögert, Kärntens bedeutendsten Autor der Gegenwart, Josef Winkler, einzuladen, den Wettbewerb mit einer Rede zu eröffnen. Es bedurfte der Auszeichnung mit dem Georg-Büchner-Preis und dem Österreichischen Staatspreis im vergangen Jahr, bis die ORF-Verantwortlichen sich zu einer Aufforderung durchrangen.

Eine Einladung mit Folgen: Seit Jahren sorgte kein Text, der in Klagenfurt gelesen wurde, für ähnliche Aufmerksamkeit. In einer in Österreich lange nicht gehörten Direktheit verband Josef Winkler in der Klagenfurter Rede zur Literatur eine hochpoetische Bildsprache mit einer zornigen Anklage der Kärntner Politik und ihrer Protagonisten.

Die sechs Millionen Euro, die "einem Villacher Steuerberater für seine zweimonatige mündliche Beratung" gezahlt wurden, benannte Josef Winkler ebenso präzise wie die 70 Millionen Euro für den Bau eines Fußballstadions zur EM "für drei Fußballspiele, für viereinhalb Stunden Fußball . "Aber für den Bau einer Stadtbibliothek in der Landeshauptstadt, wie es sie in jeder Stadt Mitteleuropas gibt, hatten diese drei erwähnten Politiker in den letzten Jahren, und eigentlich seit dieser Literaturwettbewerb existiert, kein Geld. Sie haben kein Geld für eine Bibliothek für Kinder und Jugendliche. Sie haben kein Geld für Bücher. Sie haben kein Geld für die Bücher von Ingeborg Bachmann."

Nun erschien die Rede bei Suhrkamp. (Cornelia Niedermeier / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8./9.8.2009)