Handys können einem das Leben erleichtern. In manchen Situationen stößt man mit den Geräten aber an Grenzen: Wer etwa beim spontanen Einkaufen Produktinformationen oder eine Bewertung des Geschäfts sucht, müsste erst mal im Internet stöbern. In Zukunft könnten Mobiltelefone hier weiterhelfen: So könnten Kunden ihre Erfahrungen über einen Einkauf in ihr Handy tippen und anderen Konsumenten zur Verfügung stellen.

Dazu müssen Handys Infos kombinieren. "Es geht darum, Paradigmen, die man aus dem Internet kennt - Stichwort Web 2.0 - am Handy zugänglich zu machen", sagt Hans-Peter Schwefel, wissenschaftlicher Direktor des Forschungszentrums Telekommunikation Wien (FTW). Dieses ist Partner beim mit insgesamt vier Millionen Euro dotierten europäischen Forschungsprojekt m:Ciudad, das diese Technik erforscht. Das Besondere daran ist, dass die Benutzer des Handys neue Anwendungen entwickeln und auf die eigenen Bedürfnisse zuschneiden.

Dazu muss man keine Programmiersprache erlernen und kein Technikexperte sein. Man wählt aus einer Reihe von Funktionen - etwa Landkarten, Blogs, Musik, Videos - jene aus, die man kombinieren möchte, und erschafft einen neuen Dienst. Die Kreation steht dann nicht nur dem Erfinder am eigenen Handy zur Verfügung, andere Nutzer können es ebenfalls anwenden - und modifizieren.

Die Handybenutzer werden zu "Prosumern" - Produzenten und Konsumenten neuer Programme. "Der Benutzer bringt nicht nur den Inhalt ein, sondern auch den Dienst, der über Softwarepakete generiert wird", sagt Schwefel. Es entsteht eine Art Baukastensystem fürs Handy, das ähnlich wie Open-Source-Programme im Internet funktioniert.

Solche benutzergenerierten Dienste sollen am Handy noch einfacher kreiert werden können: Man stellt sie aus Einzelkomponenten zusammen, die bereits zur Verfügung stehen. "Auf Mobiltelefonen muss man dazu technische Einschränkungen überwinden", sagt Anna Fensel, Projektleiterin vom m:Ciudad: "Geringer Speicherplatz, kleine Geräte und eingeschränkter Datentransfer."

Neue Dienste und Techniken

Um den User zu unterstützen, wird in m:Ciudad eine Beschreibungssprache der Dienst- und Komponentenfunktionen verwendet - basierend auf semantischer Technologie. Mit ihr werden technische Funktionen, die der Endbenutzer schafft, für diesen unsichtbar beschrieben und interpretiert. Derartige Anwendungen gibt es bereits im Internet; mit dem Schritt aufs Handy begibt man sich in eine neue Domäne.

Das ftw - ein K1-Zentrum im Rahmen des österreichischen Kompetenzzentrenprogramms Comet, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG sowie vom Land Wien gefördert wird - erforscht auch neue Mobilfunktechniken für höhere Datendurchsätze.

Auch eine Art Facebook am Handy wäre denkbar. Wer spontan jemanden treffen möchte, könnte sehen, welche Freunde gerade in der Nähe sind. Man könnte das Handy so einstellen, dass man eine SMS bekommt, wenn sich Bekannte nähern. Ein wichtiger Aspekt dabei ist aber der Schutz privater Daten des Nutzers. An Verfahren, mit denen kontextabhängige Dienste erstellt, aber gleichzeitig Benutzerdaten nicht offengelegt werden, wird am ftw noch gearbeitet. (Mark Hammer/DER STANDARD, Printausgabe, 12.08.2009)