Wien - Wie einfach man an Geld kommt, wenn man die richtigen Leute kennt, stellte eine ungarische Bande unter Beweis, die innerhalb weniger Tage von Konten zahlreicher BAWAG P.S.K.-Kunden Geld auf eigens dafür eingerichtete Girokonten umleitete. Dann wurden "Strohmänner" losgeschickt, deren Aufgabe es gewesen wäre, die Beute zu Bargeld zu machen.

Ein Kundenbetreuer der BAWAG soll den Betrügern die Kontodaten samt den passenden Unterschriftenmappen weitergegeben haben. Der 35-jährige Banker stritt am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht jegliche Mitwirkung am Millionenbetrug ab. Aus seinem Auto soll der Laptop mit den sensiblen Kundendaten gestohlen worden sein. Ihm nicht bekannte Gauner hätten vermutlich daraus Kapital geschlagen, gab der Banker an.

Teilbedingte Haftstrafen

Die drei ungarischen "Strohmänner"sind am Mittwochnachmittag im Straflandesgericht wegen schweren Betrugs als Beteiligte rechtskräftig zu teilbedingten Haftstrafen zwischen 18 und 24 Monaten verurteilt worden. Demgegenüber wird die Verhandlung gegen den ehemaligen Kundenbetreuer der BAWAG PSK, der laut Anklage weit tiefer in die Betrügereien verstrickt gewesen sein soll, separat fortgesetzt.

1,8 Millionen Euro

Im Dezember 2008 wurden bei mehreren Wiener Banken Konten eröffnet, auf denen wenig später sagenhafte Beträge landeten: Nicht weniger als 1,8 Millionen Euro waren insgesamt von ahnungslosen BAWAG-Kunden "abgesaugt" worden. Bei weiteren 960.000 Euro blieb es beim Versuch.

"Ich möchte von meinem Konto abheben"

In weiterer Folge kamen drei zum Geldbeheben angeheuerte Ungarn nach Wien, die teilweise nicht einmal Deutsch sprachen. Einer von ihnen legte in einer Filiale eine Bankkarte und einen Zettel vor, auf dem gekritzelt stand: "Ich möchte von meinem Konto abheben."

Weil das einem BAWAG-Mitarbeiter seltsam vorkam, hielt er Nachschau und entdeckte, dass der Mann kurz zuvor von einem anderen Konto 126.000 Euro behoben hatte. Er verständigte die Innenrevision und die Polizei, die den Ungarn noch in der Bankfiliale verhaftete. Auch die beiden anderen "Geldabheber", die zeitgleich in Wien unterwegs waren, konnten verhaftet werden.

Hintermänner unbekannt

Von den Hintermännern kennt die Justiz nur die Vornamen. Unter den Namen "Zoltan" und "Goran" bekannt dürften sich die Männer nach wie vor in Ungarn aufhalten. Sie hatten insgesamt knapp drei Dutzend Konten eingerichtet, auf die sie das abgezweigte Vermögen verteilten bzw. verteilen ließen.

Kundendaten

Für die Staatsanwaltschaft gibt es keinen Zweifel, wie die beiden an die Kundendaten gelangt waren: Ein mobiler Kundenbetreuer der BAWAG soll zuerst gezielt Konten abgefragt haben und dann die Daten  weitergegeben haben. Der 35-Jährige soll der Bande zudem auch die Unterschriftproben der vermögenden Kunden zur Verfügung gestellt haben, so dass es möglich war, diese auf den Überweisungen überhaupt nachzumachen, erklärte Staatsanwalt Christoph Schneider.

Da der beabsichtigte Riesen-Betrug frühzeitig gestoppt werden konnte, war es möglich, die illegalen Transfers zum größten Teil rückgängig zu machen. Der BAWAG blieb ein Verlust von knapp 140.000 Euro. (APA)