Bregenz - Die Vorarlberger Landtagswahl am 20. September versprach bis vor wenigen Tagen kaum Spannung. Allgemein wurde die Fortsetzung einer ÖVP-FPÖ-Regierung erwartet, Grünen und SPÖ wurden kaum Chancen auf einen Regierungssitz eingeräumt. Seit dem Wochenende hat sich die Lage deutlich geändert. Landeshauptmann Herbert Sausgruber erklärte, im Herbst nicht mehr mit den Freiheitlichen regieren zu wollen, nachdem sich FPÖ-Obmann Landesrat Dieter Egger weigerte, seinen "Exil-Juden"-Sager zurückzunehmen.

Demnach wird die FPÖ aus der Regierung fallen, denn weder Sausgruber noch Egger können zurück, ohne das Gesicht zu verlieren. SPÖ und Grüne wittern Morgenluft, geben sich offiziell aber abwartend. Man wolle nicht um jeden Preis mitregieren, ließen SPÖ-Landesvorsitzender Michael Ritsch und Grünen-Chef Johannes Rauch wissen. Ritsch glaubte etwa nicht, dass Schwarz-Blau bereits völlig vom Tisch ist. Rauch hielt bei entsprechendem Wahlausgang auch eine ÖVP-Alleinregierung für möglich. Sausgruber, der auf einen "klaren Auftrag" - sprich die absolute Mandatsmehrheit - vom Wähler hofft, verweigerte jede Spekulation über mögliche künftige Partner.

Fragezeichen zum Wahlausgang

Wem die Chose um den "Exil-Juden"-Sager Stimmen bringen und wem sie welche kosten könnte, ist offen. Umfragen, die die aktuellen Ereignisse berücksichtigen, liegen (zumindest öffentlich) noch nicht vor. Was sich aus der neuen Lage ergeben könnte, gilt daher als schwer abschätzbar. Das große Fragezeichen zum Wahlausgang dürfte wie bereits 2004 die Beteiligung der rund 260.000 Stimmberechtigten an der Wahl sein. Gelingt es der ÖVP nicht, ihre Klientel an die Urnen zu bringen, wird der Erhalt der absoluten Mehrheit (derzeit 54,92 Prozent) schwierig. Der Landeshauptmann appelliert daher an seine Sympathisanten bei Wahlkampfveranstaltungen in ihrer Umgebung "Gespräche zu führen". Möglicherweise könnte die Egger-Affäre auch gerade FPÖ-Wähler motivieren, ihre Stimme abzugeben.

Eine niedrige Beteiligung - 2004 lag sie bei 60,64 Prozent - könnte für die Kleinlisten die Chancen auf den Einzug ins Landesparlament erhöhen. Denn die Fünf-Prozent-Hürde wird umso niedriger, je mehr Wähler nicht zur Urne gehen. Bleibt die Beteiligung bei 60 Prozent, würden für BZÖ oder die "Gsiberger" landesweit rund 7.800 Stimmen reichen, um ein Landtags-Mandat zu ergattern. Ein Einzug der beiden anderen Kleinparteien, "Kiebitz" und "wir-gemeinsam.at", gilt in jedem Fall als unwahrscheinlich. Bisher hat es in Vorarlberg außer ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen, die seit 1984 im Landtag sitzen, noch keine andere Liste geschafft.

Sausgruber bei Vertrauen vorne

In punkto Vertrauen konnte zuletzt Sausgruber seine Konkurrenten - wie stets in solchen Umfragen - deutlich übertrumpfen. Laut dem APA/OGM-Vertrauensindex liegt Sausgruber mit einem "Habe Vertrauen"/"Habe kein Vertrauen"-Saldo von 63 Punkten (minus fünf im Vergleich zum November 2007) weit voran, im Ranking folgen ihm abgeschlagen vier ÖVP-Politiker. Am nächsten als Spitzenkandidat kommt Sausgruber der Grüne Johannes Rauch mit einem Saldo von acht Punkten (minus zehn). Dieter Egger liegt bei minus zwei Punkten, ein Abfall um acht Punkte im Vergleich zu 2007. Michael Ritsch erreichte beim Vertrauenssaldo minus sieben Punkte, hat aber sechs Punkte aufgeholt. (APA)