Hat bei Dichand Zeitung gelernt: Bevor Christian Nienhaus 1987 die Führung der "Hamburger Morgenpost" übernahm, kam er zur Einstimmung vier Monate zur "Krone". Die "Mopo" erscheint seither im "Krone"-Format. Dichand hielt bis 1999 Anteile dort.

Nienhaus managte später die "Süddeutsche" und Springers "Bild". Seit Juli 2008 führt der 49-Jährige neben Bodo Hombach die Geschäfte der WAZ.

 

Foto: STANDARD/Hendrich

Wien - "Scheidung abgeblasen", sagt WAZ-Manager Christian Nienhaus im Standard-Interview: Der deutsche Verlagsriese behält seine 50 Prozent an der Krone. Die WAZ einigte sich nicht mit Hans Dichand, auch eine Preisfrage.

Die Ergebnisse der "Krone/Kurier"-Tochter Mediaprint nennt Nienhaus "bedrohlich". Ihr Überschuss, 2007/8 auf 18,3 Millionen Euro halbiert, schrumpfte weiter. Ihrem Management droht nun die Ablöse, erfragte Harald Fidler.

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STANDARD: Sie haben Hans Dichand vor knapp zwei Monaten daran erinnert, dass das Angebot der WAZ an ihn "nicht ewig auf dem Tisch" liegt, deren 50 Prozent zu kaufen? Liegt es noch dort?

Nienhaus: Wir haben in Gesprächen mit der Familie Dichand beschlossen, dass sich der Verkauf unserer Anteile an die Familie Dichand erledigt hat. Wir haben auf der Basis unserer im März vorgelegten Rahmenbedingungen keine Einigung zustande gebracht. Das mag an Finanzierungsschwierigkeiten gelegen haben, aber wir kommen da nicht mehr zusammen.

STANDARD: Ist das ein vorläufiger Stand, oder schließen Sie den Verkauf nun auf längere Sicht aus?

Nienhaus: Man kann nie etwas ganz ausschließen. Jede Beteiligung hat einen Wert, bei dem man darüber nachdenkt. Aber im Moment gibt es da keine Aktivitäten mehr. Wir streben das im Moment nicht mehr an.

STANDARD: Die Preisvorstellungen sollen deutlich auseinander gelegen sein. Von Herrn Dichand wurden schon 120 Millionen kolportiert, jedenfalls wollte er merklich weniger als 200 Millionen zahlen. Die WAZ wiederum soll doch merklich über den 200 Millionen verlangt haben?

Nienhaus: Wir kommentieren Zahlen grundsätzlich nicht. Aber die österreichische Presse liegt mit ihren Einschätzungen oft nicht ganz falsch.

STANDARD: Die Preisvorstellungen sollen nicht das einzige Hindernis gewesen sein. Offenbar gab es in der Familie Dichand unterschiedliche Auffassungen zum Kauf, der womöglich die gewaltige Kunstsammlung von Hans Dichand belastet hätte. Während Michael und Johanna Dichand nicht in der „Krone" tätig sind, ist Christoph dort Chefredakteur. Das könnte zu unterschiedlichen Interessen führen.

Nienhaus: Ich kann über die internen Vorgänge der Familie Dichand nichts sagen.

STANDARD: Die Erträge der „Krone" und der Mediaprint sind - trotz ihrer gewaltigen Marktmacht - merklich zurückgegangen. So weit, dass womöglich die WAZ Herrn Dichand seinen millionenschweren Vorabgewinn finanzieren muss.

Nienhaus: Das wäre natürlich ein Armutszeugnis für alle am Management der „Krone" Beteiligten. Lange befanden wir uns im Streit mit Herrn Dichand. Wir haben, beim Versuch, ihn beizulegen, wie ein altes Ehepaar erwogen, ob man nicht besser zum Scheidungsrichter geht. Die Scheidung ist jetzt abgeblasen. Wir werden jetzt zusammen weiter arbeiten. Die Kronen Zeitung hat sehr beachtlichen Auflagenerfolg. Uns gefällt nicht, dass die Ergebnisse in der Mediaprint nicht optimal sind, auch durch gegenseitige Blockaden. In freundschaftlichem Einvernehmen mit Familie Dichand und unseren Partnern beim Kurier müssen wir uns jetzt darauf konzentrieren, die Mediaprint von bedrohlichen Ergebnissen wieder in besseres Fahrwasser zu lenken. Dazu gibt es in den Gremien der Mediaprint Gespräche mit allen Beteiligten.

STANDARD: Wie kann ein so marktbeherrschendes Medienunternehmen in eine solche Lage kommen?

Nienhaus: Kurier und Krone, die einander publizistisch sehr gegensätzlich gegenüberstehen, sind in einer Firma zusammengespannt. Das treibt die Kosten, weil jeder findet, es solle doch der andere sparen. Dadurch schaukeln sich die Kosten hoch. Und im Streit der Gesellschafter konnte immer jemand etwas blockieren. Außerdem sind die sozialen Leistungen in unseren Druckereien derart hoch, dass jedes andere Gewerkschaftsmitglied vor Neid gelb würde. Unsere Druckereien produzieren völlig überteuert.

STANDARD: Nach unseren Informationen soll etwa „Krone"- und Mediaprint-Geschäftsführer Franz Prenner vor der Ablöse stehen. Noch im September soll der Personalausschuss der Mediaprint die Managementfrage behandeln. Im Gespräch ist, statt bisher drei Geschäftsführern der Mediaprint, einen Alleingeschäftsführer zu installieren mit einem klaren Auftrag, das Ergebnis zu sichern und zu sanieren.

Nienhaus: Personalien kann ich nicht öffentlich kommentieren. Die Idee, einen Alleingeschäftsführer einzusetzen, finde ich grundsätzlich nicht schlecht. Ein idealtypisches Anforderungsprofil für die Führung der Mediaprint wäre sicher: erfahrener Zeitungsmanager, der sich mit Zeitungsverlagen, Vertrieb, Druckereien auskennt - und mit schwierigen Gesellschafterverhältnissen.

STANDARD: Kurzum: Die Mediaprint braucht einen Sanierer?

Nienhaus: Sie bräuchte einen unternehmerisch denkenden Geschäftsführer, das bedeutet immer Sanierungskompetenz, aber auch Marktorientierung. Es ist ja nicht so, dass das Unternehmen am Abgrund steht. Wir nutzen aber unsere Möglichkeiten nicht gut aus und müssen uns verbessern, um im Wettbewerb der Zukunft bestehen zu können.

STANDARD: Es hieß, die Mediaprint drohe in die roten Zahlen zu rutschen.

Nienhaus: Das Geschäftsjahr endete mit 30. Juni. Da gab's keine roten Zahlen.

STANDARD: Haben sie den Eindruck, Herr Dichand ist sich der Sparnotwendigkeiten bewusst?

Nienhaus: Die Vertreter der Familie Dichand im Gesellschafterausschuss hatten mit uns darüber keine Meinungsverschiedenheiten. Es wurden bereits Maßnahmen einvernehmlich eingeleitet.

STANDARD: Es gab Überlegungen, die Gratiszeitung „Heute" in die Mediaprint zu holen?

Nienhaus: Die Frage stellt sich nicht, weil sie nicht zum Kauf angeboten wurde. Aber wenn Sie mich nach gut gemachten und erfolgreichen Gratiszeitungen fragen, dann komme ich auf „20 Minuten" in der Schweiz und auf „Heute" in Wien. Das ist ein beachtlicher Marketingerfolg, zu dem Eva Dichand offensichtlich einen hohen Beitrag geleistet hat.

STANDARD: Und Frau Dichand in die Mediaprint?

Nienhaus: Ich wüsste nicht, dass sie einen neuen Job sucht. Die Partner der Mediaprint sollten sich besser auf unabhängige Manager einigen.

STANDARD: Wolfgang Fellner greift die „Krone" mit „Österreich" an. Eine Gefahr?

Nienhaus: Für mich als Zeitungsmanager wäre es interessant zu wissen, wer das finanziert. Wie die Zeitung aufgestellt ist, wird sie wohl kaum selbst Geld erwirtschaften. Ich würde - mit meiner Fernsicht aus Deutschland - jedem Investor nur abraten, wenn er Renditeerwartungen hat. Vielleicht gibt es ja politische Interesssen.

STANDARD: Wie gefährlich werden Ihren österreichischen Beteiligungen Styria und Moser Holding gemeinsam?

Nienhaus: Da wird jemand stärker, arbeitet zusammen, macht seine Hausaufgaben, und ist tatsächlich gut. Die Styria ist ein ernst zu nehmendes, gut aufgestelltes Unternehmen. Wir glauben, die Krone muss nicht um ihre Nummer-1-Stellung fürchten. Aber wir haben natürlich ein bisschen Probleme mit dem Kurier. Und wir müssen aufpassen, dass uns nicht in Wien noch eine Attacke aus dem Haus Styria droht. Aber wer uns, etwa mit einer Gratiszeitung angreift, der muss auch mit Reaktionen rechnen.

STANDARD: Wie sollen Ihre Beteiligungen in Österreich in fünf Jahren dastehen?

Nienhaus: Mein Wunschszenario wäre: Wir haben aufgehört zu streiten. Die „Kronen Zeitung" behauptet ihre herausragende Stellung und wird noch stärker in Online, Mobilfunk, Nebengeschäften, wie ich es aus meiner Zeit bei der „Bild-Zeitung" kenne. Und der „Kurier" findet auf eine bessere Erfolgsspur zurück. Das ist alles machbar.

STANDARD: Wie sind Ihre Erfahrungen in den Verhandlungen mit Hans Dichand? Man hört, er wechsle seine Positionen relativ rasch. Das würde die partnerschaftliche Zusammenarbeit nicht unbedingt erleichtern. Kann das funktionieren?

Nienhaus: Wir haben gemeinsame Interessen: Eine erfolgreiche „Kronen Zeitung". Ich kenne Herrn Dichand seit 23 Jahren, er war mal mein Gesellschafter, als ich junger Geschäftsführer der „Hamburger Morgenpost" war. Damals haben wir uns in der Sache immer vernünftig einigen können. Die "MoPo" erscheint z. B. immer noch im „Kronen Zeitungs"-Format, das wir damals eingeführt haben. Ich bin Optimist: Wir werden auch in Zukunft wieder gemeinsam Erfolg haben. (Harald Fidler/DER STANDARD; Langfassung/Printausgabe, 31.8.2009)