Keine Events, kein Musikgedudel, nur Stille und Gehen. Eine Bewegungsübung auf der Moharalm mit Blick nach Nordwesten auf die Schobergruppe und die Großglocknergruppe.

Foto: Nationalpark Hohe Tauern/Daniel Zupanc

Anreise: Umweltfreundlich reist man in den Nationalpark Hohe Tauern per Bahn. Bei Anreisen aus Österreich gibt es das Kombiticket "Nationalpark Hohe Tauern", das den Eintritt ins BIOS Nationalparkzentrum und eine geführte Nationalparkwanderung zu den Bartgeiern inkludiert.

Bei Anreisen aus Deutschland kann man bei der Buchung das "RIT-Ticket" der Deutschen Bahn anfordern und damit bis über 50 Prozent sparen. Die Nationalpark-Kärnten-Card bietet mehr als 100 Inklusiv-Leistungen, darunter zum Beispiel die freie Überfahrt auf der Großglockner-Hochalpenstraße.

Foto: Giordano M. und Nicolazzi G.

Unterkunft: Im Juni 2008 haben sich in der Nationalpark-Region Hohe Tauern 37 Betriebe, vom Vier-Sterne-Hotel bis zum Gästehaus, von der Familienpension bis zum Berggasthof sowie Bergführer und Sporthändler zur Angebotsgruppe "Tauern Alpin Nationalpark-Partner" zusammengeschlossen.

Von der Unterkunft bis zu Nationalpark-Ranger-Touren, Wildtiersafaris zu Bartgeier und Gams und Trekking-Touren sind die Angebote zentral unter www.tauernalpin.at abrufbar. Die Initiative wurde mit dem "Kärtner Tourismus-Award" ausgezeichnet und ist offizieller Partner des Nationalparks. E-Mail: info@tauernalpin.at

Foto: Nationalpark Hohe Tauern/Dapra

Entdeckungsreise in den Nationalpark: Vier Übernachtungen bei einem zertifizierten TauernAlpin-Nationalpark-Partnerbetrieb, zwei Entdeckungstouren mit einem Nationalpark-Ranger zur Pasterze oder ins alte Goldgräberrevier im Zirknitztal sowie die Nationalpark-Kärnten-Card gibt es als Package ab 289,- Euro pro Person, buchbar bis 22. 10. 2009.

Kontakt: Nationalpark Region Hohe Tauern Kärnten, Döllach 1, A-9843 Großkirchheim, Tel.: 0043 (0) 4825 200 49, Fax: 0043 (0) 4825 200 49-4, www.nationalpark-hohetauern.at, E-Mail: tourismus@nationalpark-hohetauern.at

Foto: Nationalpark Hohe Tauern

"Bewegung", liest man in einem Buch, das gerade hundert Jahre alt geworden ist, "Bewegung allein ist imstande hervorzurufen, was der Überlegung nicht gelingt." Ein schöner Satz, er stammt nicht aus einem frühen Fitnessratgeber, sondern aus Arnold Schönbergs Harmonielehre. Schönberg wusste, wovon er sprach.

Der Zwölftöner war ein unruhiger Geist, in künstlerischen Dingen wenig kompromissbereit und deshalb zeitlebens knapp an materiellen Ressourcen. Zumindest letztere Eigenschaft lässt uns Schönberg gegenwärtig erscheinen. Es muss nicht Chile sein, nicht Nepal.

Um dem Bewegungsdrang Raum zu geben, genügt zum Beispiel Hütteldorf: eine Krisenwanderung entlang der U4, und zwar bis nach Heiligenstadt. Als Scherpa dient der Autobus Linie 249 bis ans Basislager in Mauerbach (287 Meter), danach geht's erst richtig los: drei 400er und zwei 500er an einem Tag! Entschlossener Aufstieg zum Tulbinger Kogel (494 Meter), dann wacker zum Scheiblingstein (508 Meter), verdiente Rast am Hameau (464 Meter ), gämsengleich auf den Hermannskogel (542 Meter!) und hinüber bis zum Gipfel des Kahlenbergs (484 Meter) mit herrlicher Sicht: der Milleniumstower, das AKH, Kirchen, und schau - am Horizont das Rinterzelt! Danach Abstieg über den Cobenzl Richtung Grinzing bis zur Endstelle Heiligenstadt. Sie werden gut schlafen.

Das freilich war nur Vorspiel, Vorstufe zu Höherem. Wer dermaßen an die Bergwelt akklimatisiert ist, sich im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte wähnt, darf sich an größere, mehrtägige Aufgaben wagen, etwa ins Mölltal in den Nationalpark Hohe Tauern in Kärnten.

Vor dem Bau der Glocknerstraße war das Mölltal das Ende der Welt, eine wüste Goldgräbergegend. Noch bevor sich die Konquistadoren am anderen Ende dieser Welt auf die Suche nach dem Dorado begaben, stillten die Stollen um Heiligenblut einen Gutteil des Goldbedarfs in Europa, eine Gegend voll frommer Legenden und harter Wirklichkeiten.

Knappengesellschaft

Das kleine Döllach verzeichnete im 16. Jahrhundert 7000 Bewohner, die Hauer und Haspler, Zieher und Läufer bildeten eine eigene Knappengesellschaft. Sie verdienten gut in den Gewerken, schufteten aber unter elenden Bedingungen und lebten kurz. Um ein einziges Gramm Gold zu gewinnen, musste eine Tonne Gestein aus dem Berg gebrochen werden.

Noch heute sind die alten Stollen im hohen Zirknitzgraben zu sehen, doch längst schon hat die unversehrte Natur die Rolle des Goldes übernommen. Der Nationalpark bietet Wanderern jenseits des Glockners ein kostbares Nichts: keine Events, kein Musikgedudel, nur Stille und Gehen. Und da wenige Menschen unterwegs sind, muss man auch nicht den ganzen Tag "Grüß Goot" murmeln.

Natürlich hat auch der Naturpark seine Stars, wie den erfolgreich wiedereingebürgerten Bartgeier. Mit ein wenig Glück kann man den Vogel bei geführten Touren im Seebachtal auf seinen Rundflügen bewundern. Einem anderen begegnet man vergleichsweise bequem. Ums Eck beim Döllacher Dorfwirt steht ein Lama.

Das Lama ist in Tirol gebürtig, erfährt man, also irgendwie fast ein Hiesiger. Die Berührung mit ihm soll therapeutisch wirken, eine Art Bergdelfin mit eindeutig peruanischem Migrationshintergrund - eine kleine Konzession an das Bedürfnis der Urlauber nach Exotik. Wie es schmeckt, weiß selbst der Dorfwirt nicht; die Frage, lässt man uns spüren, wird als unpassend empfunden.

Ob sich nun der Geier zeigt oder nicht, ob das Lama spuckt oder bloß kaut, wird Tag für Tag weniger wichtig. Die Bewegung wird zur Substanz der Dinge, und eine Wanderung ist schöner als die andere. Die schönste vielleicht führt ins Herz der Schobergruppe, ins Gradental. Der Name ist Programm, man geht einen ganzen halben Tag geradeaus in ein einsames Tal hinein, und wir lernen dabei zweierlei fürs Leben: Der gerade Weg muss nicht langweilig sein, und er muss nicht eben sein.

Vom Kirchtagsplatzl steigt man durch ein Lärchenwäldchen, das man schwerlich anders nennen kann als bezaubernd, zum Gradenmoos, dann geht es vorbei an einem Wasserfall über eine Steilstufe bis zur Noßbergerhütte am Gradensee, auf dessen spiegelglatter Oberfläche sich die Dreitausender im Kopfstehen üben: der Hornkopf, der Georgskopf, der Friedrichskopf und der Keeskopf.

Was hier keine zehn Zeilen füllt, waren in Wahrheit 850 Höhenmeter. Die Luft wird dünner, die Schwerkraft lässt nach, wir loben Schönberg. (Ernst Strouhal/DER STANDARD/Printausgabe/5.9.2009)