Christoph Theiler und Renate Pittroff widmen dem preußischen Komponisten Johann G. Piefke eine rostige Schallplatte.

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Wien/Gänserndorf - "Popmusiker bekommen goldene Schallplatten, Militärmusiker rostige", ist die schlichte Erklärung des Komponisten Christoph Theiler für die Materialwahl des von ihm gemeinsam mit der Regisseurin Renate Pittroff ins Leben gerufenen Piefke-Denkmals: schnell rostender Corten-Stahl. Am Mittwoch wird das Monument feierlich präsentiert - in Gänserndorf (NÖ). Es erinnert an den Ur-Piefke: Johann Gottfried Piefke, geboren an jenem 9. September vor 194 Jahren in Schwerin, war Leiter des preußischen Musikkorps unter König Wilhelm I.

Als Preußen am düsteren 3. Juli des Jahres 1866 die Schlacht bei Königgrätz gegen Österreichs Armee gewann und damit den sogenannten Deutschen Krieg, komponierte Piefke umgehend den in Deutschland bis heute bei Polizei- und Militärmusikkapellen beliebten Königgrätzer Marsch.

Er sollte während der triumphalen Siegesparade des preußischen Heeres erklingen - auf dem Ring in Wien. Dies wusste Otto von Bismarck zu verhindern, um Österreich nicht über Gebühr zu demütigen: Der Marsch erklang, vor die Tore Wiens verbannt, am Marchfeld bei Gänserndorf vor 60.000 preußischen Soldaten.

Die feierliche Präsentation der rostigen Gedenk-Schallplatte für den Kapellmeister ist nur eine der eigenwilligen Aktionen, mit denen das Künstlerduo Renate Pitroff und Christoph Theiler unter dem Label Wechselstrom die geistige Beweglichkeit und andere unsichtbare Grenzen (etwa des Humors) ihrer Umgebung überprüft.

Nicht immer konfliktfrei. Ihr mit einigem Ernst vorgetragener Wunsch einer Kalbsembryonen-Verkostung mit geladenen Gästen in den Galerieräumen in der Grundsteingasse 44 führte unlängst zu aufgeregter Medien-Berichterstattung und einer Flut empörter parlamentarischer Anfragen an die Bundesministerien für Gesundheit, Kultur und Land- und Forstwirtschaft. Die Schlachtung einer trächtigen Kuh schien offenbar ein ungleich größeres Tabu als die alltägliche Tötung anderer Rinder im Land des Fleischkonsums.

Samenschleuder-Alarm

Auch ihr letztes Projekt einer Samenschleuder stieß auf den Widerstand der Behörden. Zweitausend winzige Pakete mit einer Mischung aus einheimischen und fremdländischen Pflanzensamen hatten Pittroff und Theiler abgepackt. Der Samen sollte, gemischt mit weißer Tonerde, auf Autoreifen gestrichen werden, sich im Fahrtwind lösen und an den Straßenrändern keimen. Nicht zufällig entsprach die Samenmischung den Bevölkerungsverhältnissen zwischen In- und Ausländern in Österreich.

Die beiden Künstler wollten "beobachten", so die hintergründige Auskunft, "wie sich die einheimische Pflanzenwelt mit der fremdländischen verträgt".

Das Experiment durfte nicht stattfinden, weil nicht garantiert werden konnte, dass "die Schönheit und Eigenart eines Landschaftsraums nicht nachhaltig beeinträchtigt wird". Was Vögel und Reisende täglich vollbringen, war als Kunstaktion unzulässig. Das nächste Projekt ist in Planung. (Cornelia Niedermeier, DER STANDARD/Printausgabe, 08.09.2009)