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Schatten der Vergangenheit holen Unterrichtsministerin Claudia Schmied ein: Zu ihrer Zeit im Vorstand ist die Kommunalkredit riskante Geschäfte im Volumen von sieben Milliarden Euro eingegangen.

APA-FOTO: ROBERT JAEGER

Wien - Während ihrer Vorstandstätigkeit sei in der Kommunalkredit nicht "gezockt" worden, versichert die nunmehrige Bildungsministerin Claudia Schmied. Dass ihr dies nun von der ÖVP vorgeworfen werde, sei Zeichen politischer Verwahrlosung und Unkultur.

ÖVP-Generalsekretär Kaltenegger fordert von Schmied eine Erklärung im Parlament über ihre damalige Tätigkeit im Vorstand der Kommunalkredit: "Sie soll offenlegen, was damals passiert ist, wie die Entscheidungen zustande gekommen sind", so Kaltenegger im Interview mit Ö1. Auch die Bonifikationen für das Management sind nach Ansicht Kalteneggers aufklärungsbedürftig. Und: "Sie braucht sich nicht empören. Empört sind die Oppositionsparteien im Parlament, und das zu Recht, weil ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden."

Schmied war Mitte 2004 bis Jänner 2007 Kommunalkredit-Vorstand. In dieser Zeit haben sich die Anlagen der Bank mit Kreditderivaten auf sieben Milliarden Euro verfünffacht - aber diese Anlagen hatten als gut besichert gegolten. Die Opposition hat dafür kein Verständnis. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl spricht von Spekulation und fordert Schmied auf, "endlich zu ihren immensen Bonuszahlungen Stellung zu nehmen". Ihre Bezüge waren seinerzeit zu einem Viertel erfolgsabhängig. 

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"Claudia Schmied ist nicht zu stoppen", sagt Claudia Schmied. Eine Durchhalteparole in harten Zeiten: Die Opposition wirft der Unterrichtsministerin vor, als Vorstand der Kommunalkredit Bonuszahlungen kassiert, Spekulationen gefördert und damit zum Niedergang der Bank beigetragen zu haben. Die Sozialdemokratin wehrt sich empört - und nennt die Angriffe "Ausdruck eine Verwahrlosung und Unkultur" .

Was ist dran an den Vorwürfen? Schmied war von Mitte 2004 bis Jänner 2007 eine von drei Vorstandsmitgliedern der Kommunalkredit. Als nach ihrem Abgang die Finanzkrise einsetzte, schrammte das Institut wohl nur deshalb an der Pleite vorbei, weil der Staat im Herbst 2008 als Retter einsprang.

In die Bredouille gebracht haben die Bank Geschäfte mit sogenannten Credit Default Swaps (CDS). Das Prinzip klingt simpel: Der CDS-Anbieter, im aktuellen Fall eine Bank, versichert einen Kreditgeber auf Kreditausfälle. Die Bank kassiert vom Kreditgeber dafür eine Prämie, muss aber einspringen, wenn dessen Kreditnehmer ihre Schulden nicht zurückzahlen. Fallen - wie nun in der Krise - zu viele Kredite auf einmal aus, droht dem Versicherer der Bankrott.

Was CDS so unberechenbar macht, sind die komplizierten Mutationen. Versicherungen werden verschachtelt, gebündelt, weiterverkauft. Der einzelne Banker kann das Ausfallsrisiko kaum noch abschätzen, sondern verlässt sich auf die Bewertung durch Ratingagenturen - zumindest war das bis zur Finanzkrise so, ehe sich positive Ratings oft als Illusion entpuppten.

Die Kommunalkredit begann 2003, Credit Default Swaps anzubieten, anfangs in moderater Form. Sie versicherte Kunden etwa für den Fall, dass Länder wie Österreich Staatsanleihen nicht zurückzahlen können - Risiko gegen null. Doch mit dem Erfolg wuchs in der Bank, die Städte, Länder und öffentliche Unternehmen mit Darlehen versorgen soll und dabei wenig Chance auf saftige Erträge hat, offenbar die Lust auf höheren Profit. Am Ende standen waghalsigere Geschäfte auf dem Programm: So wurden Hypothekarkredite für Eigenheime von US-Soldaten versichert.

Vom "teilweise spekulativen Charakter" schreiben die Wirtschaftsprüfer von Deloitte in einem für die neue Führung der Kommunalkredit angefertigen Gutachten: Die Bank habe "kurzfristigen Prämienertrag ohne Berücksichtigung der langfristigen Risiken" gesucht. Wie kühn die Spekulationen schon unter Schmied waren, grenzen die Gutachter, die sich auf 2007 und 2008 konzentrierten, nicht präzise ein. Aus damaliger Sicht erschienen die Geschäfte dank guter Ratings wohl wenig riskant - aber das war eben vor der Krise.

Fakt ist: Unter Schmied ist die Bank Versicherungen für sieben Milliarden Euro eingegangen, das ist eine Verfünffachung seit Amtsantritt. Nach ihrem Abgang stieg die Summe weiter auf zwölf Milliarden. Gemessen an der eigenen Größe ist die Kommunalkredit in einem deutlich umfangreicheren Ausmaß derartige Geschäfte eingegangen als andere Banken. Die Verbindlichkeiten daraus führten schließlich dazu, dass die Bank am Höhepunkt der Krise notverstaatlicht werden musste.

Andererseits kommen die Deloitte-Prüfer zu dem Schluss, dass sich die Bank zu Schmieds Zeit an die eigenen und gesetzlichen Vorschriften gehalten hat. Diesbezügliche Vorwürfe - verschleierte Verluste, nichtinformierte Aufsichtsräte - stammen allesamt aus der Zeit nach Schmied. Auch als das Institut, so die Gutachter, trotz Krisenanzeichen weiter auf riskante Geschäfte gesetzt habe, war die heutige Ministerin schon von Bord - ihr Name taucht in der gesamten Expertise nicht auf. Formell zuständig war Schmied für die umstrittenen Geschäfte nicht. Als Vorstand informiert aber schon.

Keine Rolle spielt Schmied offenbar auch in einer neuen Anzeige der Finanzmarktaufsicht gegen die Kommunalkredit. Allerdings ermittelt die Staatsanwaltschaft Wien in der Causa schon länger: Wie die anderen Beschuldigten wurde Schmied zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert - sie hat angekündigt, diese bis Mitte September abzugeben. (Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 8.9.2009)