Linz - Seit Mitte Mai ist die gelernte Bürokauffrau arbeitslos. Ihre AMS-Beraterin hat ihr jetzt eine Schulungsmaßnahme beim Berufsförderungsinstitut BFI angeboten: einen Englischkurs, der im Oktober beginnt. Was das BFI auf dem Anmeldebogen über ihren Gesundheitszustand, ihre finanzielle Situation und derzeitige Wohnraumsituation wissen wollte, fand die künftigen Teilnehmerin derart indiskret, dass sie diese Seite des Bogens nicht ausfüllte.

"Befanden Sie sich während der letzten fünf Jahre oder sind sie derzeit in psychiatrischer Behandlung? Nehmen Sie regelmäßig Alkohol, Medikamente oder Drogen zu sich?", heißt es etwa auf dem Teilnehmerbogen. Diese Fragen übersprang sie ebenso wie "Haben Sie finanzielle Schwierigkeiten? Sind Sie mit einer anderen Beratungseinrichtung (z. B. Schuldnerberatung, Pro mente) in Kontakt?". Auch die Nachfrage, ob sie in einem eigenen Haus, einer Eigentumswohnung oder einer Mietwohnung lebe, fand sie irrelevant für die Aufnahme in den Englischkurs.

"Im Interesse der Kursteilnehmer"

Gerald Roithmeier, Regionalleiter des BFI Oberösterreich, sieht hingegen sehr wohl eine Notwendigkeit, derart Privates von den Kursteilnehmern in Erfahrung zu bringen. Diese sogenannte Sozial-Anamnese sei im Interesse der Kursteilnehmer. Die gemeinsamen AMS und BFI-Schulungsprogramme zielten konkret darauf ab, die Arbeitslosen für offene Stellen zu qualifizieren. Daher werde laut Roithmeier auch die "Belastungssituation des Arbeitslosen eruiert". Besagte Sozial-Anamnese erleichtere es, die passende Stelle herauszufiltern: "Das ist im Sinne der Teilnehmer", argumentiert der Regionalleiter. Allerdings seien die persönlichen Angaben freiwillig. Wenn jemand den Bogen nicht ausfülle, verliere er deshalb nicht den Anspruch auf eine Schulungsmaßnahme, versichert er.

Die Zusage für den Englischkurs hat die Bürokauffrau auch erhalten. Zur Sicherheit hatte sie sich vor Abgabe des leeren Bogens aber noch bei der Rechtsberatung der Arbeiterkammer erkundigt. Dort wurde ihr mitgeteilt, dass grundsätzlich derart datenrechtlich geschützte Angaben wie "Waren Sie in den letzten fünf Jahren länger im Krankenstand bzw. in Spitalsbehandlung?" nicht relevant für eine Schulungsmaßnahme seien.  (Kerstin Scheller, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12./13.9.2009)