Der Kleine Hirte aus Ljubljana wird festgeschnallt, um auf den Sockel der auf dem Boden liegenden Styria gehoben zu werden. Austria sieht hinter ihm zu.

Foto: Kunst im öffentlichen Raum

Graz - Graz hat - neben einem Diskuswerfer bei der Landesturnhalle - einen zweiten Nackten im öffentlichen Raum. Allerdings nur bis 15. November. Dann muss der Flöte spielende zarte Hirtenjunge, dem man seine 200 Kilo nicht ansieht, zurück nach Ljubljana. Der kleine Hirte, den Zdenko Kalin 1942 als Dekoration für einen Kinderspielplatz schuf, bevor die Skulptur nach dem Zweiten Weltkrieg Symbol für die jugendliche Widerstandskraft des Volkes wurde, weilt nun im Grazer Stadtpark.

Das Künstlerduo Irwin macht nämlich im Projekt Monument's Time Sharing ein bilaterales Abkommen über regelmäßigen Kulturaustausch zwischen Sloweniens Kulturministerin Majda Širca und Noch-Kulturlandesrat Kurt Flecker selbst zur künstlerischen Inszenierung. Denkmäler werden aus ihrem Kontext gerissen und stehen so temporär ganz für sich selbst in der Fremde herum.

Der Hirte, der übrigens als Logo des slowenischen Rundfunks längst Teil der nationalen Identität ist, steht seit Dienstag auf dem Sockel, auf dem sonst die 1891 von Hans Brandstetter für die Grazer Hauptbrücke gefertigte Styria steht. Die Dame hatte Glück, denn die ihr gegenüber stehende Austria darf keine Reise nach Ljubljana antreten, wo es sonst übrigens keine Allegorien im Öffentlichen Raum gibt. Sie steht weiter nahe dem Forum Stadtpark und dem Stadtparkbrunnen - allerdings mit ganz neuen Aussichten. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 16. 9. 2009)