Das von der EU-Kommission vorgeschlagene einheitliche europäische Programm zur Ansiedlung von Flüchtlingen wurde am Montag im Kreis der Innen- und Justizminister der Union begrüßt. Laut Ratspräsident Tobias Billström aus Schweden sei in der ersten Anhörung des Vorschlags eine "eindeutige Mehrheit" der Staaten positiv eingestellt. Der zuständige Justizkommissar Jacques Barrot hofft, dass das Konzept bis Jahresende beschlossen wird, damit es nach Festlegung der Ausführungsprioritäten im Jahr 2010 dann zu Beginn 2011 wirksam wird.

Frankreich, Luxemburg, Zypern und Irland kündigten bereits ihre Teilnahme an. Neben Schweden, Dänemark, Finnland, Großbritannien, Portugal, Rumänien, Tschechien und den Niederlanden führten diese EU-Länder bereits entsprechende nationale Ansiedelungsprogramme durch. Insbesondere die südlichen Staaten wie Griechenland, Italien, Spanien drängen auf eine faire Verteilung des Flüchtlingsdrucks in der EU.

Auch der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble zeigte sich aufgeschlossen: "Bisher haben wir nicht teilgenommen", sagte er, aber nach den Wahlen "werden wir es mit den Bundesländern besprechen". Schäuble verwies darauf, dass die Teilnahme für die EU-Länder ja freiwillig sei.

Österreich dagegen

Österreich lehnt das EU-Konzept gemäß den Ausführungen von Innenministerin Maria Fekter hingegen so dezidiert ab wie kaum ein anderes EU-Land. Es müsse bei der Festlegung der Prioritäten beachtet werden, dass die Kommission einzelne Länder nicht übergehe, sagte sie in Bezug auf notwendige Einstimmigkeit in diesem Politikbereich. Fekter warnte davor, dass negative Begleiterscheinungen wie die Begünstigung und Ausbreitung von Fundamentalismus verhindert werden müssten. Österreich werde nicht teilnehmen, weil es "in den kommenden drei Jahren" vor allem darum gehen werde, die 21.000 offenen Fälle von Asylanträgen abzubauen.

Gemeinsam übten Deutschland und Österreich scharfe Kritik am Umgang Griechenlands und Italiens mit der "Dublin-II-Verordnung". Sie regelt, dass zuerst jene Staaten für Flüchtlinge zuständig sind, in denen diese einreisen. Athen und Rom weisen die Flüchtlinge gewaltsam ab bzw. halten diese unter unwürdigen Bedingungen in Lagern. Dafür gab es eine Rüge der Union. Schäuble: "Es darf nicht der geringste Zweifel herrschen, dass Menschenrechtsstandards überall in der EU gelten".

Alarmiert sind die EU-Innenminister vom zunehmenden Problem minderjähriger Asylwerber", die ohne Begleitung "als Anker" in die Union kommen. Hier gebe es ein "enormes Missbrauchsphänomen", erklärte Fekter, vor allem bei Kindern aus Afghanistan, Nigeria und Somalia. Oft werde auch das Alter falsch angegeben, um Abschiebung zu verhindern. (Thomas Mayer/DER STANDARD-Printausgabe, 22.9.2009)