"Während des Drehs hab ich mir oft gedacht: Bin ich der Einzige, der sieht, wie schädlich Kunststoff für uns ist?", so Regisseur Werner Boote. "Plastic Planet" soll aufklären und zum Umdenken anregen.

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STANDARD: Herr Boote, wie kommt man auf die Idee, einen Film über die Gefahr von Plastik zu machen?

Werner Boote: Ich bin schon vor zehn Jahren auf Artikel gestoßen, in denen es um Umweltschädigungen durch Kunststoff gegangen ist. In einem englischen Fluss wurden etwa Fische durch Plastik unfruchtbar. Das hat mich schockiert. Schon mein Lehrer hat es geschafft, ein gutes Misstrauen in mir zu wecken: "Ihr putzt euch jeden Tag die Zähne. Aber wisst ihr eigentlich, was in der Zahnpasta drin ist?" Durch Nachforschungen kam ich drauf, dass es in den verschiedensten Generationen meiner Familie einen Bezug zu Plastik gab - das Thema wurde immer interessanter für mich. Mein Großvater war in den 60er-Jahren Geschäftsführer der deutschen Interplastik-Werke.

STANDARD: Wie haben Sie darauf reagiert? Waren Sie bestürzt?

Boote: Ich musste schon lange daran kiefeln, wie viel mein Großvater gewusst hat, denn ich konnte ihn ja nicht mehr fragen. Aber es ist nicht so, dass ich mich mit dem Film an meinem Großvater rächen möchte, ganz im Gegenteil: Ich bin stolz auf ihn, denn er war ja ein sehr fleißiger Geschäftsmann.

STANDARD: Wie ist Ihr Filmprojekt dann ins Rollen gekommen?

Boote: Das war eine lustige Geschichte. Als sich der damalige Chef vom Filminstitut in Wien das erste Konzept von Plastic Planet durchgelesen hatte, vergaß er es zufällig auf der Toilette. Sein damals 14-Jähriger Sohn las die Rohfassung und sagte nur: "Papa, das ist ja ein Wahnsinn!" Und deswegen, oder vielleicht auch nicht nur deswegen, wurde das dann auch verwirklicht.

STANDARD: Welche Punkte finden Sie im Zusammenhang mit den Gefahren von Plastik am wichtigsten?

Boote: Am meisten schockiert hat mich, dass die Industrie nicht informiert. Und dass es die Politik noch nicht geschafft hat, dass man als Konsument davon erfährt, welche Schäden Plastik verursachen kann. Der Kontakt mit Plastik kann krebserregend wirken sowie Unfruchtbarkeit, Autismus, eine frühere Pubertät oder Fettleibigkeit auslösen. Außerdem bringt es den Hormonhaushalt durcheinander. Ich empfinde es als Frechheit, dass diese toxischen Stoffe auch in manchen Schnullern für Babys enthalten sind. Ich habe mir während des Drehs schon gedacht, ob ich wohl der Einzige bin, der sieht, wie schädlich Kunststoff für uns ist.

STANDARD: Soll der Film dazu anregen, das Kaufverhalten zu ändern?

Boote: Das ist meine große Hoffnung. Ich glaube auch, dass der Film das Potenzial dazu hat. Ich habe unlängst 127 Anrufe in einer Stunde bekommen, wobei mir ein Mann erzählt hat, dass er seine Küche jetzt komplett "plastikfreundlich" strukturiert hat. Das war ein gutes Gefühl. In österreichischen Bioläden gibt es jetzt auch Sackerln aus Maisstärke, welche nach 100 Tagen zerfallen.

STANDARD: Haben Sie sich diesbezüglich auch selbst verändert?

Boote: Ja, natürlich. Wenn ich zur Putzerei gehe, weiß der Verkäufer sofort, welcher Anzug meiner ist - nämlich jener, der als einziger keinen Plastiküberzug hat. Wenn man erstmal das Bewusstsein dafür hat, wie giftig Plastik sein kann, kauft man auch bewusster ein. (Katharina Deisting, Luise Gieselmann, DER STANDARD, Printausgabe, 23.9.2009)