Mit den Öffis zu fahren kann ganz schön nerven: John Travolta mit Klobrillenbart in "Die Entführung der U-Bahn Pelham 123."

Foto: Sony Pic.

Isabella Reicher

Wien - Anno 1974 war der zerknautschte Walter Matthau für die Rettung eines vollbesetzten New Yorker U-Bahn-Zuges verantwortlich, den Blau, Grün, Grau und Braun in ihre Gewalt gebracht hatten. Der routinierte Actionfilm von Joseph Sargent hieß The Taking of Pelham One Two Three, und nach einer TV-Version kehrt er nun im Remake von Tony Scott im Kino wieder. Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123 lautete der Synchrontitel des alten Films, der neue heißt schlicht und sperrig Die Entführung der U-Bahn Pelham 123.

Anhand dieser Verschiebung vom Spannungsgeladenen zum Lapidaren lässt sich ganz gut veranschaulichen, was die beiden Filme voneinander unterscheidet - und worin möglicherweise auch das Problem das Remakes liegt: Tony Scott weiß durchaus, wie man eine schnittige Verfolgungsjagd inszeniert oder mit dem vielfältigen medialen Zugriff auf Wirklichkeiten spielt. Im aktuellen Film konzentriert er sich aber lieber auf das fernmündliche Starduell zwischen Entführer und Verhandler bei den Verkehrsbetrieben.

Das zehrt zwar auch an den Nerven, aber anders: Zum einen fühlt man sich bald wie beim Dauerkarussellfahren (die Kamera fährt gern und viel an der Kanzel im Kontrollraum oder die Wagons entlang, weil die beiden Stars, John Travolta und Denzel Washington, beim Telefonieren eben hauptsächlich sitzen). Zum anderen sind die beiden Figuren oder ihre Gespräche auch nicht über die Maßen spannend (dass Böse mit Börse irgendwie zusammenhängen könnte, ist auch schon ein Witz mit Bart), weshalb umso schwerer wiegt, wenn potenzielle Schnittstellen für Action und Suspense buchstäblich liegengelassen werden, wie der Laptop einer Geisel, der samt offener Video-Chat-Verbindung zur Freundin draußen unter eine Sitzbank rutscht und dann bloß den Liveeinstieg für einen Lokalsender ermöglicht. Hallo?

An anderen Stellen wirkt Die Entführung der U-Bahn Pelham 123 überhaupt gleich wie eine Resteverwertung von Déjà vu (2006), wenn Denzel Washington vor bunt blinkenden Riesenscreens hantiert. Mit dem Schauspieler arbeitet Scott nunmehr zum vierten Mal, der fünfte gemeinsame Film ist in Produktion. Er soll Unstoppable heißen. Im Lichte des U-Bahn-Films betrachtet, klingt dieses Motto fast bedrohlich. (Isabella Reicher, DER STANDARD/Printausgabe 28.9.2009)