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Schwieriger Balanceakt: Ein Mädchen in Chennai in Indien radelt auf einem Seil. Laut dem UN-Report wird die Kluft zwischen einkommensstarken und armen Staaten weltweit immer größer.

Foto: EPA/STR

Genf/Wien – Norwegen bietet seinen Menschen laut UNO weltweit das beste Leben. Das ölreiche skandinavische Land mit dem ausgebauten Wohlfahrtssystem belegt den ersten Platz im Index für menschliche Entwicklung, teilte das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) am Montag in Genf mit. Österreich landete in der 182 Staaten umfassenden Wertung auf dem 14. Platz. Doch nicht alle profitieren von dem hohen Lebensstandard gleichermaßen: Beim GDI, dem Gender-related Development Index, landet Österreich nur auf Platz 23 und schneidet damit um neun Plätze schlechter ab als beim Human Development Index (HDI), der allgemein die menschliche Entwicklung misst – das ist weltweit der größte Unterschied zwischen den beiden Wertungen.

Der GDI gibt an, ob Frauen und Männer von Entwicklungen wie besserer Schulbildung, längerer Lebenserwartung oder höheren Löhnen gleichermaßen profitieren. Je schlechter die Platzierung, desto größer ist der Unterschied.

Grund für Österreichs schlechteres Abschneiden beim GDI ist das unterschiedliche Einkommen von Männern und Frauen. Eine Frau verdient in Österreich laut UN-Schätzungen im Durchschnitt 40 Prozent von dem, was ein Mann verdient. Für den Wert werden nicht einzelne Löhne verglichen, sondern die gesamte Summe an verdientem Geld betrachtet.

Frankreich auf Rang acht

Auf dem zweiten und dritten Platz des UNDP-Bericht landeten Australien und Island. Frankreich kletterte auf dem Index vom elften Rang auf den achten Rang. Der HDI kombiniert Werte für Lebenserwartung, Alphabetisierung, Einschulungsquote und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Die aktuellsten vergleichbaren Daten stammen aus dem Jahr 2007. Die Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise sind daher nicht berücksichtigt. Laut UNDP ist der Index ein "aggregiertes Maß für das menschliche Wohlergehen".

Deutschland schneidet wegen des gesunkenen Pro-Kopf-Einkommens als Folge der Wiedervereinigung auf Rang 22 relativ schlecht ab. Die Unterschiede in der Lebensqualität innerhalb der 25 Länder umfassenden Spitzengruppe fallen aber eher gering aus. Laut UNDP haben sich die Lebensbedingungen in den meisten reichen Ländern der Welt in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert.

Kluft wird größer

Doch die Kluft zwischen reichen und armen Staaten wird immer größer. Jeni Klugman, Autorin des Berichts, warnt vor "großen, nicht akzeptablen Ungleichheiten beim Wohlergehen" der Menschen. Klugman: "Viele Länder haben in den vergangenen Jahrzehnten angesichts von Wirtschaftsrezessionen, konfliktbedingten Krisen und der HIV/Aids-Epidemie Rückschläge erlebt."

Am schlechtesten leben die Menschen in Niger. "Ein Kind, das in Niger geboren wird, wird laut Statistik knapp 50 Jahre alt und lebt damit 30 Jahre kürzer als ein Kind, das in Norwegen zur Welt kommt". Auf jeden US-Dollar, den eine Person in Niger verdient, kommen in Norwegen 85.

Fünf Länder stiegen im Vergleich zum Jahr 2006 um drei oder mehr Plätze auf: China, Kolumbien, Frankreich, Peru und Venezuela. (Jan Dirk Herbermann, Tobias Müller/DER STANDARD – Printausgabe 6.10.2009)