Wien - Was Musiker gerne tun und was sie am besten können - des Öfteren sind diese Dinge nicht deckungsgleich. Diana Krall etwa, seit Jahren an der kommerziellen Spitze des Jazz tätig, jagt als Pianistin gerne jener Mainstream-Stilistik hinterher, welche der von ihr verehrte Oscar Peterson über Jahrzehnte virtuos gepflegt hat.

Im Rahmen der etwas spießigen Arrangements klingt das im Wiener Konzerthaus bei Krall in gelassenen Tempophasen zwar solide - wird es schnell und ein bisschen anspruchsvoll, darf man allerdings doch von einem nicht sehr sattelfesten "Herumnudeln" sprechen. Krall fehlt schlichtweg die Technik, um ihre Sehnsucht nach rasantem Spiel adäquat umzusetzen. Das war also sympathische Energieverschwendung.

Ihre Kernkompetenz liegt ja im Sanglichen und dabei in einer schläfrigen Methode, Balladen zu deuten. In Kombination mit einer charaktervollen Heiserkeit werden die Songs bei Krall zu intim-delikaten Jazznocturnes. Wenn sie Professor Higgins' I've Grown Accustomed To Her Face aus My Fair Lady ihrem Gatten Elvis Costello widmet (das "her" wird durch ein "his" ersetzt), ist die 44-jährige Kanadierin denn auch ganz bei sich, bei einer Reduktion der Mittel, die jedoch eine extreme Verdichtung des Ausdrucks bewirkt.

Eigentlich wünschte man sich auch gleich ihre passable Begleitband weg, um noch mehr Krall zu bekommen und sie frei von kaufhauskompatiblen Arrangements zu erleben, die auch im Konzerthaus letztlich dominierten und allseits begeisterten, jedoch Kralls Ausdrucksmöglichkeiten eher verharmlosen und unterdrücken. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD/Printausgabe, 07.10.2009)