Wien - SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hat am Freitag heftige Kritik am Justizministerium geübt. Dort seien personelle und inhaltliche Änderungen geplant, mit denen der "bisherige liberale, fortschrittliche Weg verlassen" werde, sagte Jarolim bei einer Pressekonferenz. So sollten etwa Sektionen zusammengelegt und kompetente Mitarbeiter "abgeschossen" werden. Weiters würde bei "wichtigen Maßnahmen", etwa in der Jugendgerichtsbarkeit, der "Sparstift" angesetzt. "Die Alarmglocken schrillen", so Jarolim.

Das Justizministerium wolle angeblich die Sektion II, befasst mit der allgemeinen Gestaltung der Rahmenbedingungen für das Strafrecht, und Sektion IV, zuständig für Einzelfälle, zusammenlegen, erklärte Jarolim. Dies seien "völlig unterschiedliche" Themengebiete, weshalb es wichtig sei, sie getrennt zu halten.

"Eine merkwürdige Entwicklung"

Außerdem solle der Leiter der Sektion II, Wolfgang Bogensberger, eine "offensichtlich mahnende Stimme", abgesetzt werden. Bogensberger war 2007 von der damaligen SPÖ-Justizministerin Maria Berger zum Sektionsleiter bestellt worden. Im Fall jenes Strafrichters, dem Geschenkannahme vorgeworfen wurde, gegen den aber letztlich keine Anklage erhoben wurde, habe Bogensberger an die Sektion IV appelliert, die Sache unter die Lupe zu nehmen, so Jarolim. Nun sei anscheinend geplant, Bogensberger "abzuschießen", "Kompetenz wurde zum Feindbild". Im Justizministerium zeichne sich eine "merkwürdige Entwicklung" ab, das Ministerium dürfe "nicht auf diese Art und Weise verkommen", denn das wäre eine "Katastrophe".

In der Staatsanwaltschaft herrsche "Chaos" und ein "katastrophales Bild", so Jarolim. Abermals forderte er die Abschaffung des Weisungsrechts an der Spitze des Justizministeriums, denn zurzeit sei der "Glauben in den Rechtsstaat gefährdet". Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) nehme den Handlungsbedarf nicht wahr, der derzeitige Zustand sei "untragbar".

Doch auch der "Sparstift bei wichtigen Maßnahmen" und die "Personalverknappung" in der Jugendgerichtsbarkeit lassen bei Jarolim die "Alarmglocken schrillen". Neben der Wiedereinführung eines Wiener Jugendgerichtshofes fordert die SPÖ die Errichtung von Jugendvollzugsanstalten in allen Sprengeln der Oberlandesgerichte (Graz, Innsbruck, Linz, Wien) - derzeit gibt es nur ein Jugendgefängnis im nö. Gerasdorf. Weiters müsse es ein verbessertes Jugendstrafrecht geben, das vom Prinzip der Wiedergutmachung getragen werde, meinte Jarolim.

Justizministerium wehrt sich gegen Vorwürfe

Das Justizministerium hat am Freitag die SPÖ-Vorwürfe zurückgewiesen. Im Zuge einer "Organisationsreform" sollen unter anderem die Sektion II und IV zusammengelegt werden, bestätigte Paul Hefelle, Sprecher von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP), gegenüber der APA. Dabei würden auch "gewisse Funktionen" neu ausgeschrieben werden. Dass der bisherige Sektionsleiter Wolfgang Bogensberger "abgeschossen" werden soll, sei aber nicht der Fall.

Im Interesse einer "schlagkräftigen und moderneren" Organisation werde das Justizministerium eine entsprechende Reform durchführen, erklärte Hefelle. Unter anderem sollen auch die Sektionen II und IV zusammengelegt werden, das "hat aber mit Bogensberger nichts zu tun". Der Sektionschef, der 2007 von der damaligen SP-Justizministerin Maria Berger bestellt worden war, werde "nicht hinausgeworfen". Jarolim hatte die Befürchtung geäußert, mit Bogensberger solle eine "offensichtlich mahnende Stimme" abgesetzt werden.

Auf die Frage, ob Bogensberger weiterhin im Justizministerium beschäftigt bleibe, meinte Hefelle: "Davon gehe ich aus." In welcher Funktion sei aber noch nicht sicher, da im Zuge der Sektionszusammenlegung die Leitung neu ausgeschrieben werden müsse.

Auch die wiederholte Forderung Jarolims nach der Abschaffung des Weisungsrechts der Justizministerin kann man im Ministerium nicht nachvollziehen: Das Weisungsrecht "hat seinen Sinn", sei transparent und letztlich unterliege Bandion-Ortner der Kontrolle des Parlaments. Weiters gebe es "keinen Grund", die Zustände bei der Staatsanwaltschaft als "Chaos" zu bezeichnen. "Es mag sein, dass Fehler passiert sind, aber der Großteil der Staatsanwaltschaft arbeitet ordnungsgemäß und zufriedenstellend." (APA)