Peking - Der weltweite Stahlverbrauch wird wegen der staatlich angeheizten Nachfrage in China in diesem Jahr geringer zurückgehen als bisher angenommen. Der Weltstahlverband erklärte am Montag auf seiner Jahreskonferenz in Peking, dass der Verbrauch um 8,6 Prozent auf 1,1 Milliarden Tonnen sinken werde. Im April hatte die von der Wirtschaftskrise stark gebeutelte Schwerindustrie mit Branchengrößen wie ArcelorMittal und ThyssenKrupp noch mit einem Minus von gut 14 Prozent gerechnet. 2010 stehen die Zeichen auf Wachstum. Dann solle der Verbrauch um rund neun Prozent auf 1,2 Milliarden Tonnen klettern, hieß es jetzt.

"Die weltweite Erholung ist stärker als wir im April erwartet hatten", sagte der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des Weltstahlverbandes, Daniel Novegil. Schätzungen zufolge werde in China der Verbrauch in diesem Jahr um 19 Prozent zulegen und 2010 um fünf Prozent. Die Volksrepublik ist der mit Abstand größte Stahlproduzent der Welt. In einem Monat wird dort von dem Werkstoff deutlich mehr hergestellt als in Deutschland in einem ganzen Jahr. Die Führung in Peking hatte auf die Wirtschaftskrise mit einem staatlichen Konjunkturpaket reagiert. Von Infrastrukturprojekten profitiert insbesondere die Stahlindustrie.

Schwerste Krise seit Jahrzehnten

Die Zahlen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche in der schwersten Krise seit Jahrzehnten steckt. Würde China aus der Statistik für 2009 herausgerechnet, betrüge das Minus des Verbrauchs in diesem Jahr 24,4 Prozent. Analysten sind zudem skeptisch, wie nachhaltig der Höhenflug in China ist. Den Konkurrenten im Ausland sind die Produktionszahlen ohnehin ein Dorn im Auge. Sie fordern, dass die Volksrepublik ihre Kapazitäten zurückfährt und unrentable Hütten schließt.

Nach einem jahrelangen Boom hatte die Wirtschaftskrise vor einem Jahr die Aufträge für die Schwerindustrie von wichtigen Kunden wie Automobilindustrie und Maschinenbau zum Erliegen gebracht. Die Kapazitäten der Stahlproduzenten waren oftmals nur zu 50 Prozent ausgelastet. Allein in Deutschland waren die Hälfte der rund 94.000 Beschäftigen in Kurzarbeit. Inzwischen hat sich die Lage etwas entspannt. Dennoch erwarten die Firmen nur eine allmähliche Erholung.

In den 27 Staaten der Europäischen Union (EU) wird die Nachfrage nach Einschätzung des Weltstahlverbands in diesem Jahr um etwa ein Drittel einbrechen, ehe es im kommenden Jahr wieder bergauf geht. Für Deutschland sagen die Experten für 2010 ein Plus von 10,2 Prozent voraus, nach einem Rückgang von 29,5 Prozent in diesem Jahr. (APA/Reuters)