Bist du Kurde? Bist du Alevit? Nach einem zweifachen Ja von Deniz (18) ließen die drei Männer, die ihn vor seiner Abendschule in Wien-Meidling abgepasst hatten, die Fäuste sprechen. Deniz hat in Wahrheit einen anderen Namen, seinen richtigen möchte er lieber nicht in der Zeitung lesen. Deniz ist kein Einzelfall, schon vor Wochen wurde ebenfalls vor der Schule ein anderer junger Kurde zusammengeschlagen. Auch damals trugen die unbekannten Täter Halsketten mit drei Halbmonden - dem Logo der türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), auch Graue Wölfe genannt.

Die Väter der verprügelten Burschen haben Anzeigen erstattet. Allzu große Hoffnung, dass die Täter erwischt werden, haben sie aber nicht. Und selbst wenn: "Hier geht es um weit mehr als um eine Auseinandersetzung unter Jugendlichen. Ultranationalistische Türken versuchen immer noch mit Gewalt die sogenannte panturanistische Ideologie (Vereinigung aller Turkvölker; Anm.) der Grauen Wölfe durchzusetzen, bevorzugtes Feindbild sind von jeher Kurden, im speziellen die kurdische Untergrund-Arbeiterpartei PKK, und Aleviten" , meint einer der Väter zum STANDARD.

Terroristische Vereinigung

Für den Verfassungsschutz ist dieser schon vor Jahrzehnten auch in andere europäische Länder exportierte Konflikt nichts Neues. Sowohl die PKK, die von der EU als terroristische Vereinigung eingestuft wird, als auch die Grauen Wölfe befetzen sich auch hierzulande regelmäßig mit Brandanschlägen. PKK-Sympathisanten werden vor allem immer dann aktiv, wenn es Meldungen über den schlechten Gesundheitszustand des in der Türkei inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan gibt. Im Vorjahr landeten deswegen Molotowcocktails in den türkischen Konsulaten in Bregenz und in Salzburg, und rund 40 kurdische Separatisten drangen gewaltsam auf das Gelände der Vereinten Nationen in Wien vor. Ziele der Grauen Wölfe waren vor allem kurdische Vereinslokale in Wien und in Vorarlberg. Verletzt wurde bei den Aktionen niemand.

"Es gilt wie so oft festzuhalten, dass die Mehrheit der Mitglieder der türkischen und kurdischen Diaspora in Österreich ein friedliches Miteinander der Gewalt vorzieht und sich nicht an strafrechtlich relevanten Taten beteiligt" , wird im Staatsschutzbericht betont. Darauf pochen auch die Väter der zusammengeschlagenen Burschen. (Michael Simoner/DER STANDARD-Printausgabe, 13.10.2009)