Die Trullis gehörten zum UNESCO-Weltkulturerbe. Informationen zum UNESCO-Weltkulturerbe in Italien gibt es unter www.sitiunesco.it.

Foto: sitiunesco.it

Alberobello - Einst waren sie die Behausungen der armen Leute, doch jetzt locken die eigenwilligen Rundhäuser Touristen, Investoren und ganze Hochzeitsgesellschaften nach Süditalien: Die weiß getünchten Trulli sind zu einem wahren Besuchermagnet in Apulien geworden. Ausländer zahlen viel Geld für die kleinen runden Steinhäuser mit den zipfeligen Dächern. "Als die UNESCO Alberobello 1996 auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt hat, hat das im Ausland ein enormes Interesse erzeugt. Jetzt ist die Stadt das wichtigste touristische Ziel in Apulien", sagt Reiseveranstalter Donato Mastronardi. "Man kann wirklich von einem Boom sprechen."

Der Boom hat auch dazu beigetragen, das Welterbe zu bewahren und die einzigartigen Bauwerke zwischen Bari und Brindisi, am Absatz des italienischen Stiefels, zu restaurieren. Einzelne steinerne Rundhäuser stehen auch in den rheinhessischen Weinbergen, wo Arbeiter aus Apulien Schutzhäuser nach dem Vorbild ihrer Heimat errichteten. Doch nirgends sonst gibt es so viele Trulli wie in der Region um Alberobello - rund 1.500 allein in dem apulischen Städtchen.

In dem Trulli-Viertel dort sieht es aus wie im Märchen, und vielen Besuchern kommt es so vor, als könne zwischen den spitz zulaufenden Dächern aus Kalkstein oder hinter den winzigen Fenstern in den dicken Steinwänden gleich ein Fabelwesen auftauchen. "Die Olivenbäume, die sanften Hügel, die Farben - das ist es, was unsere Besucher lieben", schwärmt Mastronardi. Fast jeden Tag meldeten sich Japaner, sagt der Reiseveranstalter. "Für sie ist es wirklich etwas Besonderes, hier zu heiraten." Für diesen Anlass hat die Stadt sogar eine passende Trullo-Kirche samt Glockenturm zu bieten. Auch Briten drängeln sich in den engen Gassen von Alberobello - jedoch weniger zum Heiraten als vielmehr zum Investieren.

"Das begann vor fünf Jahren, als das Pfund stark war und die Leute ihr Geld in Immobilien anlegen wollten", sagt Mastronardi. Schnell erkannte die Billig-Airline Ryanair den Trend und bot günstige Direktflüge von London aus an. Die Besitzer und Bewohner der Trulli nutzten das wachsende Interesse und begannen, die zum Teil nach dutzenden oder hunderten von Jahren bereits verfallenden Gebäude zu restaurieren. Die ältesten Gebäude sollen noch aus dem 16. Jahrhundert stammen.

Errichtet wurden die Rundhäuser von Bauern, die kein eigenes Land hatten. Mit der Bauweise, die ohne jeden Mörtel auskommt, verschafften sie sich - auch ohne Genehmigung - ein Dach über dem Kopf, wie Mastronardi erklärt: "Bei einer Kontrolle konnten sie das Haus schnell auseinandernehmen - und nachts wieder aufbauen."

Praktisch sind die dicken Steinmauern bis heute: Im Sommer halten sie die Hitze draußen, im Winter schützen sie vor der Kälte. Besucher zahlen für eine Übernachtung so viel wie im Hotel: zwischen 70 und 110 Euro für ein Doppelzimmer. Die Kaufpreise schwanken je nach Ausstattung zwischen einigen Tausend bis zu mehreren Hunderttausend Euro - manche Trulli verfügen sogar über einen eigenen Pool. Die verstärkte Nachfrage in den vergangenen Jahren ließ auch die Kosten für die Renovierung steigen. 15.000 Euro kostet es heute, ein Steindach zu erneuern - vor zehn Jahren war es nur ein Zehntel des Preises.

Giuseppe ist einer der Handwerker, die seit Jahren die begehrten Rundhäuser restaurieren. "Mir gefällt die Vorstellung, dass ich einen sehr speziellen Job mache", sagt der junge Arbeiter. "An diesem Dach werde ich zwei Wochen lang arbeiten, aber danach hält es wieder mindestens für die nächsten 50 Jahre." (APA)