Es begann mit "Sex and the City" (1998-2004) und zieht sich seitdem als roter Faden durch das, was vornämlich Frauen vor die Fernsehgeräte locken soll. Das Voice-over. "Mein Leben & ich" (2001-2006), "Desperate Housewives" (2004-???), "Veronica Mars" (2004-2007), "Grey's Anatomy" (2005-???), "Gossip Girl" (2007-???), "Doctor's Diary" (2008-???) bestätigen die Regel.

Aber auch die zielgruppendisperseren "Scrubs" (2001-???), "Arrested Developement" (2003-2006), "My Name is Earl" (2005-???) und "Dexter" (2006-???) setzen auf die ErzählerInnenstimme. Der Unterschied: In erstgenannten refklektieren Sheherazaden die Handlung, Entwicklung, Gefühlswelt der ProtagonistInnen, bei den anderen verlässt man sich dabei auf männliche Erzähler.

Nicht, dass das Voice-over erst durch das Serienwunder einer Dekade, SatC, eingeführt geworden ist, aber wenn's um nachhaltigen Eindruck geht, macht ihr da so leicht kein anderes Teil in der TV-Serienlandschaft etwas vor. Vielleicht nur "Magnum" (1980-1988)- ja, auch Tom Selleck sprach zu uns aus dem Off.

Voice-over als Metatext hört sich nicht immer gleich an. Einmal gibt es die allwissende Erzählerin, die quasi aus der Zukunft, aus einer anderen Sphäre, die Zusammenhänge verdichtet und immer diesen leidigen Informationsvorsprung hat, den sie uns nur zitzerlweise mitteilt. Kann nervig werden.

Dann sind da die ErzählerInnen, die mitten in der Geschichte stecken, und uns ihre innerlichen Bestandaufnahmen nicht im Gespräch mit anderen Figuren mitteilen, und auch nicht die direkte Ansprache [wie "Malcolm in the Middle" (2000-2006)] wählen. Die wissen nicht mehr als wir, eher ist das Gegenteil der Fall. Auch nervig.

Der Nervfaktor steht und fällt mit den ErzählerInnen. Mag man die Stimme, die Figur? Was im deutsprachigen Fernsehen halt immer auch eine Frage der Synchronisation ist. Leider. So habe ich SatC - sowieso nie gemocht - noch weniger leiden können, weil mir die deutsche Sprecherin zu pathetisch und zugleich kindisch intoniert war. Carrie war die populärste Nervensäge Nummer 1 der damaligen TV-Landschaft.

Aber das, was eine/n letztlich weiterzappen lässt, ist immer noch der Inhalt des aus dem Off Gesagten. Und auch da wollte SatC viel zu oft zu ausgelutschte Lebensweis(heit)en in einem viel zu großen Löffel in den Mund der ZuseherInnen stopfen.

Unerreicht in dieser Disziplin ist aber "Desperate Housewives". Generell brauchen Shows eine Zeit, bis sie selbstläuferisch abstinken oder toll werden. Eine Season sollte dafür reichen. Soviel Zeit habe ich DH zugestanden - und es wurde im Laufe im schlimmer. Diese schleppende Stimme, die geheimnisschwanger Platitüden über Ehe und anderes Menschliches zu verklickern versuchte brachte Menschen reihenweise an die Grenze zur Aggression. Oder doch nur mich?

Warum aber setzen so viele TV-Serien-EntwicklerInnen auf diesen Kunstgriff, der leicht in die Hose gehen kann? Es geht ja die Rede, dass man nicht so grandiose, innovative Serien unter anderem daran erkennt, dass sie sich auf derartige Gimmicks verlassen. Stimmt sicher nicht. Die Stimme aus dem Off ermöglicht, innere Vorgänge, Gedanken, Gefühle zu kommunizieren, ohne eine andere Figur aus dem Ensemble heranziehen zu müssen. Hat man - wie in "Dexter" - jemanden, der/die generell wenige Möglichkeiten des zwischenmenschlichen Austauschs hat, über Verborgenes, Geheimes, Verbotenes, Dunkles nicht reden will, drängt sich das Voice-over nicht nur auf, es ist essenziell, will man dem Charakter eine gewisse Tiefe und in den ZuseherInnen die Empathie wecken. Das macht die Serie nicht schlechter.

Voice-over ist eben eine Art der Beziehungsherstellung. Und anscheinend gehen TV-MacherInnen davon aus, dass Frauen das mehr brauchen als ausgeklüngelte Action. Dabei wird immer eine Figur (in der Regel, manchmal mehr als eine) hervorgehoben, die eine weite Identifikationsebene ziehen soll. Und wenn das nicht klappt, kann man sich sicher sein, die Zuseherin in eine Position gehievt zu haben, in der sie sich wohlfühlt: die der Mitwisserin. (bto/10.7.2008)