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Was macht die Koalition aus EU-Vorgaben? ORF-Chef Wrabetz.

Foto: REUTERS/Leonhard Foeger

Ein Jahr hat Österreich Zeit, die Vorgaben der EU für den ORF umzusetzen. Dem STANDARD liegt ihr Schreiben vor.
Ein Befund: "Gegenwärtig gibt es keine angemessene Gewähr dafür, dass der ORF die Qualitätsstandards des öffentlich-rechtlichen Auftrags in der Praxis tatsächlich erfüllt." Die Kommission nimmt zwar "zur Kenntnis, dass die Kontrolle nicht die Prüfung einzelner Fernseh-, Hörfunk- oder Internetsendungen umfassen wird, damit die redaktionelle Unabhängigkeit des ORF geschützt ist". 

Qualitätskontrolle 

  • Aber der ORF brauche interne Qualitätssicherung für TV und Radioprogramme, genehmigt vom Stiftungsrat. Die neue, "vom ORF effektiv unabhängige" Medienbehörde kontrolliert die Sicherung.
  • Der ORF muss - nun öffentlich zugänglich - jährlich berichten, wie er den Auftrag erfüllt, wie er Qualität sichert. Die Medienbehörde prüft das - bisher nannte der ORF Hollywoodfilme und -serien, Sport, Shows als "anspruchsvolle Programme".
  • Für alle bestehenden Angebote wie seine Onlinedienste oder den Sportkanal muss der ORF "Angebotskonzepte" über ihre Inhalte, Zielsetzung, Zielgruppen, Qualitätskriterien veröffentlichen. Die Behörde prüft die Einhaltung.

Kontrolle neuer Angebote

  • Diese Kriterien muss der ORFauch für neue, gebührenfinanzierte Angebote auflisten, etwa neue Onlinedienste, Spartenprogramme. Konkurrenten können Stellung nehmen. Die Medienbehörde genehmigt, wenn der neue ORF-Dienst „sozialen, demokratischen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung dient" und den "Kernauftrag" erfüllt. Die Behörde prüft auch Auswirkungen auf den Markt. Wettbewerbsbehörde und ein publizistischer Beirat unterstützen die Behörde im Verfahren.
  • Aber: Der ORF darf neue Dienste vor Genehmigung sechs Monate im "Probebetrieb" ausprobieren. 
  • Verhält sich der ORF "wettbewerbswidrig", hat ihn die Medienbehörde bei der Bundeswettbewerbsbehörde anzuzeigen.
  • Die Behörde prüft auch, ob kommerzielle ORF-Angebote marktkonform sind.

Gebühren und Kontrolle

  • Hebt der ORF mehr Gebühren ein, als er braucht, um den Programmauftrag abzudecken, muss er das Geld zurückgeben, Gebühren werden um den Betrag gekürzt. Aber: Er darf über zehn Jahre Verluste und Gewinne ausgleichen, Rücklagen bilden bis zehn Prozent der jährlichen Nettokosten des Auftrags. Zweckgebundene Rücklagen (für Projekte ab zehn Millionen Euro) sind extra möglich. 
  • Der ORF-Aufsichtsrat beschließt alle fünf Jahre die ORF-Programmentgelte. Die Medienbehörde prüft ihre Berechtigung.
  • Wirtschaftsprüfer kontrollieren im Auftrag der Medienbehörde (statt bisher des Stiftungsrats), ob der ORF sparsam arbeitet.

Online

  • Glücksspiel, Partnerbörsen, Kleinanzeigen, E-Commerce, Tauschplattformen etwa für Musik etc. werden online verboten.
  • Onlinewerbung wird laut Kanzleramt vorerst im bisherigen Umfang "eingefroren"; neue werbefinanzierte Plattformen sind vorab zu prüfen. 
  • Bestehende Webangebote bleiben dem ORF laut Medienstaatssekretariat erlaubt. Laut EU-Brief ist „tagesaktuelle, anlassbezogene Onlineberichterstattung" inklusive Audio und Video gestattet, die nicht länger als über sieben Tage online bleibt. 
  • Dienste, die "nach Gestaltung und Inhalt" Online-Zeitungen entsprechen, darf der ORF nur nach positiver Vorabprüfung anbieten. 
  • "Sendungsbegleitende" Webinhalte, auch in Ton und Bild, dürfen ein Monat nach Ausstrahlung online bleiben.
  • ORF 1, ORF 2, Sparten-TV darf der ORF bis zu 24 Stunden zeitversetzt 1:1 online zeigen (streamen).
  • Eigenproduktionen darf der ORF sieben Tage nach Sendung online anbieten. Premium-Sport wie Fußball, Formel 1, Skifahren höchstens 24 Stunden nach Ausstrahlung. Bleibt diese "TVthek" werbefrei (wie geplant), kann sie ohne Vorprüfung starten.
  • Der ORF darf Sport im Web übertragen, den er nicht im TV unterbringt, etwa von Olympischen Spielen.

Spartenkanäle, Sport

  • Werbung im Sparten-TV: bis 1,45 Minuten pro Stunde.
  • ORF Sport Plus darf keinen Sport zeigen, dem "in der Medienberichterstattung breiter Raum zukommt". Er muss den Programmauftrag dort "genau definieren".
  • Ungenutzte Sportrechte muss der ORF anderen für „angemessenes Entgelt" überlassen. Umgang mit Sportrechten ist zu prüfen.
  • Der ORF darf einen Info-/Kulturkanal mit Gebühren finanzieren, wenn er den Vorabtest besteht.
  • Im Satkanal ORF 2 Europe darf der ORF andere Programme zeigen, wenn ihm für ORF-Programme internationale Rechte fehlen.

 (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 29.10.2009)