Wien - Wenn vier der gerade berühmtesten Stimmen und zwei ebenso prominente Pianisten - so prominent, wie Liedbegleiter eben werden können - in einem einzigen Konzert zusammengespannt werden, dann ist ein sicherer Kassenschlager vorprogrammiert.

So durfte man es dem Konzerthaus kaum verargen, dass es jenen multiplen Liederabend mit Soli, Duetten und Quartetten von Robert Schumann, der zur Zeit durch die Welt tourt, im Großen Saal platzierte - selbst wenn eine solche kaufmännische Entscheidung selten auch künstlerisch richtig ist. Zwangsläufig fielen ihr auch am Dienstag etliche Nuancen zum Opfer; die Intimität, die das Lied braucht, reichte allenfalls bis zur zehnten Reihe. Das ist keine Frage der akustischen Tragfähigkeit, sondern der Intensität und Subtilität des Ausdrucks, die nach interpretatorischen Lösungen schreit.

Opernerprobte Künstler wissen freilich mit enormen Distanzen umzugehen. Und so gab Dorothea Röschmann mit ihrem im Piano sanften, ansonsten zuweilen etwas strapazierten Sopran im Spanischen Liederspiel den Ton leichter bis ein wenig manirierter Übertreibung an. Das nutzte Angelika Kirchschlager zur Demonstration ihrer Wandlungsfähigkeit. Einmal ergriff sie die Gelegenheit, sich kokettierend mitreißen zu lassen, um dann wieder dunkel und verhalten den ganzen Luxus ihres Mezzos zu verströmen. Mindestens ebenso farbenreich tönte auch Bassbariton Thomas Quasthoff, der es in größtem Ausmaß verstand, differenzierten Ausdruck in den Saal zu tragen - wohl weil er es nie nötig hat, auf auffälligen Effekt zu setzen, wenn er durch eine kleine Nuance im Stimmklang ungleich mehr Wirkung zu erzielen vermag.

Und eine nochmals andere Facette brachte Tenor Ian Bostridge in dieses Kaleidoskop der Stimmen und Temperamente ein, indem er zwischen schmerzvoller Dringlichkeit und ironischer Distanz wechselte, womit er Schumanns Zwiespälten vielleicht am nächsten kam. Auch die beiden Pianisten entpuppten sich als verschiedene Charaktere, was am deutlichsten wurde, als sich nach dem ein wenig buchhalterischen Helmut Deutsch sein Kollege Julius Drake für das Minnespiel an den Flügel setzte - mit einer ungleich höheren poetischen Klangqualität.

Es ließ sich also als richtige Bescheidenheit deuten, dass der Ältere dem Jüngeren dann beim vierhändigen Klavierpart der Spanischen Liebeslieder die exponiertere Primus-Stimme überließ. Hier verhielten sich auch die Sänger mit schauspielerischen Einlagen ungezwungener als zuvor. Und sie bedankten sich am Ende für den Beifall des zwischen seinen Hustern recht aufmerksamen Publikums mit nicht weniger als fünf Zugaben. (Daniel Ender / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.10.2009)