Mit jedem Anschlag in Afghanistan und Pakistan wächst der Fragenberg zur US-Strategie in der Region. Die von US-Präsident Barack Obama angekündigte Neuorientierung ist noch nicht umgesetzt und steht schon wieder zur Disposition. In der US-Regierung selbst herrscht eine Vielfalt an Meinungen über Prinzipielles - mit welchem Ziel und welcher zeitlichen Perspektive kämpft man in Afghanistan - und über Praktisches, etwa Sinn und Ausmaß der Truppenaufstockungen und die Art des Engagements bei Aufbau und Entwicklung des Landes.

Von außerhalb - aber nicht nur - werden die Stimmen lauter, die meinen, die US-Präsenz würde mehr Schaden anrichten, als sie jemals Nutzen bringen kann. Viel Aufsehen erregt das Abspringen eines fürs US-Außenministerium tätigen, hochdekorierten Marine-Offiziers, Matthew Hoh. Er wirft seiner Regierung vor, nicht nur bei einem Bürgerkrieg mitzumachen - und dabei Partei für eine korrupte, unfähige afghanische Führung zu ergreifen -, sondern diesen Konflikt auch selbst anzuheizen. Beim Krieg der Paschtunen gegen USA, Nato und afghanische Regierung handle es sich im Grunde um einen Aufstand gegen eine Besatzung, sagt Hoh.

Das sind harte Worte. Befunde sind oft schneller erstellt als die geeignete Medizin gegen die Krankheit gefunden. Aber den Einsatz in AfPak einmal grundsätzlich zu hinterfragen, kann in dieser Situation nur nützlich sein. Obama hat mit diesem Krieg auch das offizielle Narrativ der Regierung von George Bush dafür übernommen. Vielleicht hat dieses ja 2001 gestimmt: Aber jetzt hat es ausgedient. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 29.10.2009)