Es heißt, dass Palästinenserpräsident Mahmud Abbas bereits im Oktober US-Außenministerin Hillary Clinton darüber informiert hat, dass er nicht mehr zu den Wahlen im Jänner 2010 antreten wolle. Damals rief ihn Präsident Barack Obama an und brachte ihn durch sein Versprechen, weiterhin einem Nahostfriedensabschluss verpflichtet zu sein, dazu, seinen Entschluss zurückzunehmen.

Es war nicht der erste von Abbas' Rückziehern vom Rückzug, deshalb wollte ihm die Fatah-Führung am Donnerstag nicht ganz glauben, dass er es diesmal ernst meint. Verschiedene Gedanken tauchten auf: Ist es vielleicht ein Schachzug, um aus dem Schlamassel wieder herauszukommen, in das er sich durch die ohne vorherige Einigung mit der Hamas ausgerufenen Wahlen gebracht hat? Werden die Wahlen abgesagt, und er bleibt Präsident? Geht er, weil sein Plan gescheitert ist, der Hamas durch die Wahlausrufung sein institutionelles Gewicht zu demonstrieren und sie dazu zu bringen, das von Ägypten erarbeitete Versöhnungsabkommen doch noch zu unterzeichnen und in den Prozess einzusteigen, anstatt draußen zu bleiben? Würde er bei diesbezüglichen Signalen doch weitermachen? Oder ist es einfach ein ultimativer Versuch, Druck auf Obama auszuüben, der mit Abbas eine wichtige Spielfigur verlieren würde?

Aber seine Umgebung weiß, wie müde der Mann ist, der im März 75 Jahre alt wird. Es ist schon möglich, dass ihm der Auftritt Clintons das moralische Genick brach, die am Wochenende offiziell das Ende der Obama-Forderung besiegelte, Israel müsse alle Siedlungsaktivitäten in den besetzten Gebieten stoppen. Vielleicht will Abbas einfach nicht mehr Präsident sein, wenn eine dritte Intifada ausbricht. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 6.11.2009)