Bild nicht mehr verfügbar.

Große Buchmassen wälzt man nicht nur in Leipzig, sondern seit dem vergangenen Jahr auch an der Internationalen Buchmesse Wien.

Foto: APA/dpa/Grubitzsch

Wien - Wien ist im Moment ein gutes Pflaster für die Literatur - und das Lesepublikum. Gestern las im Odeon-Theater die frischgekürte Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, und kommenden Montag wird mit Imre Kertész, der als 15-Jähriger Auschwitz und Buchenwald überlebte, Journalist wurde und nach dem Ungarnaufstand 1956 in seiner 28 Quadratmeter großen Budapester Wohnung 13 Jahre an seinem Roman eines Schicksallosen schrieb, ein weiterer Nobelpreisträger im Palais Mollard mit dem Jean-Améry-Preis für Essayistik ausgezeichnet. Kertész, der am Montag seinen 80. Geburtstag feiert, sagte vor kurzem: "Schreiben war Glück. Schreiben bedeutete für mich Freiheit. Andere beten oder kämpfen - ich schreibe" - und: "Gegen diese unbarmherzige, schlimme, reale, unförmige Welt konnte ich mit meiner Welt antreten, in der ich mich auskenne, in der ich sagen kann, warum das so ist und nicht so."

Um Schreiben, Lesen und die sekundäre Welt der Literatur wird sich diese Woche auch bei der zweiten Ausgabe der "Lesefestwoche", die am Montagabend eröffnet, und der Internationalen Buchmesse "Buch Wien" (12. bis 15. November in der Halle D der Wiener Messe) alles drehen. Mehr als 300 Lesungen werden diese Woche nicht nur auf den sechs Messebühnen stattfinden, sondern überall in der Stadt. So legt etwa kommenden Sonntag die "MS Vindobona" zu einer Stadtrundfahrt mit Literatur und Balkan-Jazz ab.

Térezia Mora wird im Café Korb lesen (12. 11., 19.30 Uhr), Gerhard Roth im Kunsthistorischen Museum (13. 11., 19 Uhr), Michael Köhlmeier im Kasino am Schwarzenbergplatz (13. 11., 19.30 Uhr), und der bekannte US-Autor Irvin D. Yalom liest am Freitag um 19.30 Uhr in der Fernwärme Wien aus seinem Roman Und Nietzsche weinte, der im Rahmen der Aktion "Eine Stadt. Ein Buch" diese Woche 100.000-mal gratis abgegeben wird. Keineswegs verpassen sollte man auch den israelischen Autor David Grossmann, der seinen vielbeachteten Israel-Roman Eine Frau flieht vor einer Nachricht im Jüdischen Museum vorstellt (13. 11., 19 Uhr).

Die Latte für "Lesefestwoche" und "Buch Wien", die vergangenes Jahr aus der ehemaligen "Wiener Buchmesse" im Rathaus, bei der man umwölkt von den Punschschwaden des angrenzenden Christkindlmarktes gratis der jährlichen Präsentation der österreichischen Verlage frönen konnte, hervorgegangen ist, liegt hoch.

Die Eintrittspreise für die Messe (Tageskarte neun bzw. sechs Euro, wenn man online bucht) haben ihren Tribut gefordert. So brachen die Besucherzahlen um zwei Drittel ein. Heuer hofft man die letztjährige Besucherzahl von 21.000 zu verdoppeln. Breit genug könnte das Programm, das für alle - auch Kinder und Jugendliche - etwas bietet, sein. Und dass heuer die wichtigen deutschen Verlage wie Suhrkamp und Rowohlt im Gegensatz zum letzten Jahr bei der Messe mit von der Partie sind, ist nicht das schlechteste Zeichen. (Stefan Gmünder / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2009)