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Sorry, ohne Gebührenabgeltung weniger Geld für Film und Serie, Sport, keines für Infokanal: ORF-Chef Wrabetz.

Foto: APA/Gindl

Der Schlüsselsatz steht am Schluss des E-Mails von ORF-General Alexander Wrabetz an alle Stiftungsräte: All diese Drohungen müssen nicht wahr werden. Wenn sich die Regierung bis zum Budgetbeschluss des ORF am 17. Dezember entschließt, die Gebührenbefreiungen abzugelten. Gut 60 Millionen entgehen ihm da pro Jahr.

Kommt die Refundierung nicht, sieht der Finanzplan für 2010 vor:

  • Kinofilmförderung zu streichen,
  • Eigenproduktionen zu kürzen, 
  • ORF-Sport Plus zu reduzieren
  • den Info- und Kulturkanal, der TW1 ersetzen soll, auf Eis zu legen,
  • Kultur- und Eventprogramme in den Ländern weniger zu unterstützen, 
  • barrierefreien Zugang zu ORF-Angeboten nicht auszubauen und
  • keine extra Investments in digitale Arbeitsabläufe und "weitere Strukturmaßnahmen", die „mittelfristig" Kosten reduzierten.

Mit dem Streichkonzert soll der ORF ohne Refundierung und nach kräftigem Sparen bei 848,7 Millionen Euro Umsatz ausgeglichen (100.000 Euro EGT) bilanzieren.

Mit dem Ende des Rundfunkorchesters zu drohen, das traute sich der Opernfan nicht. Wrabetz bringt auch so viele Lobbys in Rage, die dem ORF oft bei Wünschen an die Politik geholfen haben: die lautstarke Filmbranche, Sportfans, Politiker und Kulturschaffende, Landeshauptleute, Behindertenverbände. Ein Stiftungsrat spricht von der "größten Geiselnahme in der Geschichte des ORF".

Update: "Keine finale Einigung" der Koalition"

Wrabetz mailte, während die Koalition über den ORF verhandelte. Die Einigung auf ein neues Gesetz schien Freitag in greifbarer Nähe. Gegen 23 Uhr, 170 Seiten diskutiert, war aber nach STANDARD-Infos aus dem Umfeld der Regierung klar: "keine finale Einigung" über die ORF-Gesetze, "Montag wird weiterverhandelt", wenn etwa die Filmemacher zur nächsten Protestpressekonferenz laden. Offen blieben offenbar am Freitag die zentralen Themen Gebührenrefundierung und Beschränkung der Onlinewerbung.

Ein bürgerlicher ORF-Kenner riet im STANDARD-Gespräch der Volkspartei ohnehin zur Vorsicht mit der Gebührenabgeltung: "Das ist das einzige Atout der ÖVP. Den Joker spielt man zum Schluss aus."

Zum Beispiel für die Bestellung von Richard Grasl, ORF-Chefredakteur in St. Pölten, zum Finanzdirektor. Für Amtsinhaberin Sissy Mayerhoffer bringt der Abgang des ORF-Werbechefs eine neue Option, um Grasl Platz zu machen. Der rekonvaleszente Radiodirektor Willy Mitsche könnte, so er will, einen ruhigeren Job bei einer anderen ORF-Tochter bekommen. Onlinedirektor Thomas Prantner betont, er werde sich um keinen anderen Job zu bewerben. Er will 2010 Abrufportale für Handys und Kabelnetze in Angriff nehmen.  (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.11.2009)