Klagenfurt - Mit Biomasse lässt sich wahrscheinlich weniger Energie erzeugen, als bisher angenommen wurde. Zu diesem Schluss kommen das Institut für Soziale Ökologie der Uni Klagenfurt und das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in einer Studie, in der für das Jahr 2050 geschätzt wurde, ob bei wachsender Weltbevölkerung und steigender Nachfrage nach Energie die Landwirtschaft genug Rohstoffe liefern kann. Lediglich zehn bis dreißig Prozent des globalen Rohenergieverbrauchs ließen sich auf Ackerflächen erzeugen. Bisherige Studien kamen auf ein Vielfaches davon.

Der Grund laut der neuen Arbeit: Bisher ist die Wechselwirkung zwischen Nahrung und Energie zu wenig beachtet worden. Um herauszufinden, wie viel Energie Biomasse decken kann, hätten die meisten Studien einfach bereits genutztes Ackerland mit theoretisch kultivierbaren Flächen verglichen, sagt Studienleiter Helmut Haberl von der Uni Klagenfurt. Dann habe man angenommen, dass die noch nicht bepflanzten Flächen mit Energiepflanzen begrünt werden und dort hohe Erträge zu erzielen sind. Beides ist falsch, sagt Haberl. Zum einen würden viele dieser Flächen bereits als Weiden für Tiere genutzt, zum anderen sei auf ihnen oft kein hoher Ertrag zu erzielen. Viele dieser Flächen sind ökologisch gesehen Halbwüsten.

Im Jahr 2050 werden laut Prognosen mehr als neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Wie viel Energie dann aus Pflanzen zum Heizen verwendet werden kann, hängt der Studie zufolge vor allem davon ab, wie viel Fleisch wir essen. Denn je höher der Fleischkonsum, desto mehr Fläche wird benötigt, um die Nahrung zu erzeugen. In der Studie wurden 72 Szenarien ausgerechnet. Neben dem Fleischkonsum spielt eine Rolle, wie stark sich die Erträge steigern lassen, ob die Landwirtschaft biologisch oder intensiv betrieben wird und wie sehr Ackerflächen ausgeweitet werden.

Auch neun Milliarden Menschen ließen sich durch ökologische Landwirtschaft ernähren, so die Studie. Allerdings müsste dafür weniger Fleisch konsumiert werden. Derzeit nutzt die Menschheit drei Viertel der Landoberfläche für Äcker, Weiden, Siedlungen, Infrastruktur und Forste. Die nutzbaren Flächen wesentlich auszuweiten ist Haberl zufolge nicht möglich: Das letzte Viertel sei entweder nicht nutzbar oder es handle sich um Wälder, die für die Biodiversität wertvoll sind und daher nicht geopfert werden sollten. (Mark Hammer/DER STANDARD, Printausgabe, 14./15. 11. 2009)