Wien - Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Gerhart Holzinger, mahnt angesichts der Ereignisse im derzeit tagenden U-Ausschuss eine klare Trennung von Justiz und Politik ein. "Alarmiert" zeigt sich Holzinger über das laut Umfragen sinkende Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz. Er plädiert daher an Politik und Wirtschaft, die Justiz unabhängig arbeiten zu lassen und "sich jeder Einflussnahme, in welcher Form auch immer, zu enthalten".

Holzinger vs. Polit-Justiz

Der U-Ausschuss zeichnete zuletzt ein wenig schmeichelhaftes Bild von der Arbeit der Staatsanwaltschaft: Gegen Abgeordnete der Opposition wurde (teilweise unter Umgehung ihrer parlamentarischen Immunität) ermittelt, während eine Anzeige gegen den damaligen Innenminister Ernst Strasser (V) wegen Amtsmissbrauchs "übersehen" wurde, bis die Vorwürfe verjährt waren. Umgekehrt sorgte auch die offensichtliche Revanche der Abgeordneten bei den Anklägern für Aufregung: Einige Staatsanwälte wurden im Ausschuss nämlich ausgerechnet von jenen Mandataren öffentlich vorgeführt, gegen die sie zuvor ermittelt hatten.

Holzinger will auf Einzelfälle zwar nicht eingehen, pocht aber auf eine klare Trennung von Politik und Justiz. "Alle, die in diesem Staat oder in der Gesellschaft in irgendeiner Weise Macht haben oder Macht ausüben, müssen die Unabhängigkeit der Justiz respektieren. Sie muss ihre Aufgabe nur den Gesetzen entsprechend ausüben ohne irgendjemand zu bevorzugen", deponiert Holzinger. Umgekehrt sei die Justiz gefordert, Entscheidungen nur gemäß den Gesetzen zu treffen, "ohne nach links und rechts zu schauen".

41 Prozent sehen Politiker bevorzugt

"Alarmiert" zeigt sich Holzinger in diesem Zusammenhang von einer Umfrage, wonach 41 Prozent der Österreicher annehmen, dass Politiker vor Gericht bevorzugt werden. Er fordert die Justiz daher auf, bei "gravierenden Fehlern" die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. "Allerdings glaube ich auch, dass man die Kirche im Dorf lassen soll", so Holzinger. Insgesamt werde in der österreichischen Justiz mit Hunderttausenden Fällen pro Jahr nämlich "gut gearbeitet".

Richter-Auswahl ohne "parteipolitisches Hickhack"

Gleichzeitig appelliert Holzinger appelliert an Regierung und Bundesrat, die Besetzung der zwei derzeit ausgeschriebenen Verfassungsrichter-Posten rasch vorzunehmen und auf politische Querelen zu verzichten. Am Montag endet die Bewerbungsfrist für die zwei Plätze, die Regierung und Bundesrat bis Jahresende besetzen müssen. Man müsse sich darüber im Klaren sein, "dass parteipolitisches Hickhack bei einer Institution, die davon lebt, als politisch unabhängig zu gelten, natürlich kontraproduktiv wäre", betonte Holzinger. (APA)