Wien - Auf DVD wird diese Beethoven-Partnerschaft 2010 anhand aller Symphonien nachzuvollziehen sein. Zu hoffen bleibt, dass sich dabei auch jene mitunter rohe Wucht vermittelt, die Dirigent Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker im Konzert zu erwecken verstehen.

Thielemann, als produktiv-nervöser, romantischer Hitzkopf, zieht Beethoven weit ins 19. Jahrhundert. Dabei erzeugt er eine effektvolle Dramaturgie zunächst über einen langen melodischen Atem, also eine Legatoästhetik, die den sanglichen Qualitäten des Orchesters entgegenkommt. Da sind indes auch markante Kontraste: Den fein ausgeleuchteten Details stehen massive Klangentladungen entgegen, die Beethoven in der Achten fast in die Nähe von Bruckner rücken, da Thielemann auf Überpräsenz von Blech setzt.

Diese Wellen aus Klang, in der Achten bei eher langsamen Tempi erzeugt, rechtfertigen sich über markante Intensität. Ein paar Unsauberkeiten nimmt man da gerne in Kauf, schließlich wird man mit risikoreichem, impulsivem Spiel entschädigt. Bei der siebenten Symphonie war Thielemann im Wiener Konzerthaus ein wenig flotter unterwegs, was dem Energetischen ebenfalls zupass kommt.

In Summe: Frappante Unmittelbarkeit und der Eindruck, Werke würden im Augenblick ihrer Interpretation neu geboren. Eine schönere Musikillusion existiert nicht. (Ljubiša Tošic/DER STANDARD, Printausgabe, 16. 11. 2009)