Kanzler Faymann mit Staatssekretär Ostermayer und Minister Spindelegger, davor stellt FP-Chef Strache seine dringlichen Fragen.

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Wien - Seine "dringliche Anfrage" musste FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erst einmal an die leere Regierungsbank hinter sich richten - der angesprochene Bundeskanzler Werner Faymann hatte um 15 Uhr noch nicht Platz genommen. Faymann erschien mit Verspätung, dafür mit Verstärkung: Der Kanzler hatte seinen Staatssekretär Josef Ostermayer und Außenminister Michael Spindelegger mitgebracht.

Faymann betreibe in EU-Fragen parteipolitische Agitation, behauptete Strache, er lasse keine Gelegenheit aus, die österreichischen Interessen nicht zu vertreten. Der Kanzler sei überfordert, nur deshalb konnte Wissenschaftsminister Johannes Hahn als EU-Kommissar nominiert werden - "eine Notlösung" , kritisierte Strache, Hahn sei weder als Minister noch als Wiener ÖVP-Chef sonderlich erfolgreich gewesen.

Das Motiv sei klar: Faymann habe versucht, der ÖVP ein "Haxl" zu stellen. Offensichtlich hält die Vereinbarung, wonach die ÖVP den Kommissar stellen und die SPÖ dafür ungestört im ORF fuhrwerken könne, nicht mehr, mutmaßte der FPÖ-Chef. Und als Faymann von hinten witzelte, stellte Strache empört fest: "Da ist sie wieder, die Grinsekatze!"

Vom Kanzler forderte Strache zudem ein, sich für die Abschaffung der Beneš-Dekrete einzusetzen. Es sei skandalös, dass Österreich die Sonderklausel für Tschechien akzeptiert habe, die eine Erhaltung der Beneš-Dekrete ermögliche. Und, Themenwechsel, ein Skandal sei es, dass Österreich zwischen 2007 und 2013 sechs Milliarden Euro, also 83 Millionen Schilling, nach Brüssel einzahle, "die dort in irgendwelchen Olivenhainen versickern" .

Faymann stellte dann aus seiner Sicht klar, dass man zwar verschiedener Meinung sein könne, er Johannes Hahn aber für einen ausgezeichneten Vorschlag halte. Die ÖVP habe in dieser Frage übrigens nur ein Vorschlagsrecht, aber kein Nominierungsrecht. Von Kommissionschef José Manuel Barroso sei Österreich kein Ressort angeboten worden, also auch nicht das Landwirtschaftsressort, wie kolportiert worden war.

Faymann behauptete, dass keine weiteren Österreicher auf einer Vorschlagsliste für ein EU-Amt stünden, also weder der schwarze Exkanzler Wolfgang Schüssel noch der rote Exkanzler Alfred Gusenbauer. Faymann: "Da wurden allerlei genannt." Sollte aber beim EU-Gipfel ein Österreicher Chance auf ein Amt in der Kommission haben, Außenminister oder Ratsvorsitzender, "dann gilt selbstverständlich, dass wir diesen Kandidaten voll unterstützen" .

Irritiert war Faymann über die "dringliche" Frage Straches, wann denn der Vertrag von Lissabon in Kraft trete. "Das hätten Sie nachlesen können" , rügte Faymann den FPÖ-Chef, gab aber bereitwillig Auskunft: "Am 1. Dezember 2009, wenn Sie die Uhrzeit wissen wollen, um null Uhr, und wenn sie es ganz genau wissen wollen, mitteleuropäische Zeit."  (Michael Völker/DER STANDARD-Printausgabe, 19.11.2009)