Erinnerungen an eine eher komplizierte Zeit: Rosmarin Fraundorfer, eine der Protagonistinnen der Dokumentation "Verliebt, verzopft, verwegen".

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Wien - "Verzopft war Wien", damals in den 1950er- und 60er-Jahren: Das Abweichen von der heterosexuellen Norm wurde kriminalisiert und pathologisiert, die marginale schwul-lesbische (Lokal-)Szene war direkt an die Halbwelt angeschlossen und das Kennenlernen von Gleichgesinnten unter diesen Bedingungen nicht eben einfach. Eine etwas andere Homo-Ehe schlossen Lesben damals noch mit schwulen Männern. Andere teilten ihre Wohnungen mit wechselnden "Cousinen". Oder sie trafen ihre Geliebten heimlich, während sie nach außen eine "normale" Existenz als Ehefrau führten.

"Die Codes einer Generation zu entdecken, deren Identität geformt und geprägt ist durch eine Geschichte patriarchaler und faschistischer Unterdrückung, zum Unsichtbarsein erzogen, ist ein Abenteuer", halten Katharina Lampert und Cordula Thym irgendwann in Verliebt, verzopft, verwegen fest. Ihr erster gemeinsamer Dokumentarfilm ist eine bündige Oral-History-Arbeit: Das Erkenntnisinteresse der Filmemacherinnen und dessen partielle Veränderung während der Realisierung, die Schwierigkeit, überhaupt Gesprächspartnerinnen zu finden, werden in knappen Kommentarsequenzen ausgewiesen.

Der überwiegende Teil des Films gehört den drei "Zeitzeuginnen" Rosmarin Fraundorfer, Ursula Hacker und Birgit Meinhard-Schiebel, die mit ihren Erinnerungen das Bild von Wien neu färben. Bei diesen vor allem in den Wohnungen der Interviewpartnerinnen aufgenommenen Gesprächen entstehen auch Porträts in ganz visueller Hinsicht: Die Kamera studiert Gesichter - Nah- und Großaufnahmen von Frauen um die sechzig. Sie registriert dabei so manches nonverbale Innuendo. Und sie hält kleine Gesten fest, wie das Richten eines Kragens, das eine Frau bei ihrer Freundin vornimmt, während diese gerade spricht. Ab 20.11.2009 im Kino (Isabella Reicher, Der STANDARD/Printausgabe 20.11.2009)