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In die Bereiche Nahverkehr, Bildung, Gesundheit und Personal will die Stadt Wien im nächsten Jahr krisenbedingt kräftig investieren.

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Wien - Nach Renate Brauners Rede leerte sich der Plenarsaal innerhalb weniger Minuten. Die gesamte rote Stadtregierungsriege erhob sich nach den Ausführungen der Finanzstadträtin zum Budget 2010 Montagmorgen geschlossen. Nur Brauner selbst hielt die Stellung - und schaute zu, wie sich auch ein Gutteil der SP-Gemeinderäte auf den Weg in die Rathaus-Cafeteria machte, anstatt sich die Kritik von Blau, Grün und Schwarz am finanziellen Voranschlag fürs nächste Jahr anzuhören. Es ist ja ohnehin bereits alles unter Dach und Fach: Die Stimmen der absolut regierenden SPÖ reichen, um heute, Dienstag, das Budget für 2010 zu beschließen.

Vorher wird allerdings noch jede Geschäftsgruppe einzeln durchbesprochen. In ihrer Grundsatzrede betonte Brauner mehrfach, dass sich Wien in Zeiten der Wirtschaftskrise Sparmaßnahmen nicht leisten könne. "Alle Wirtschaftsforscher sagen, das Schlimmste wäre, wenn die öffentliche Hand zu früh ihre Investitionen und nachfragewirksamen Ausgaben zurückziehen würde."

Sie nehme deshalb eine "maßvolle Neuverschuldung" in Kauf. 800 Millionen Euro Defizit erwartet die Vizebürgermeisterin für das Jahr 2010, der Schuldenstand wächst damit um fast 17 Prozent. Bei den sogenannten nachfragewirksamen Ausgaben, die etwa Nahverkehr, Gebäudesanierungen sowie Straßenbau umfassen, wird mit 4,4 Milliarden zwar in Summe gleich viel ausgegeben wie im Jahr davor, allerdings fällt heuer die inzwischen ausgegliederte Kanalabteilung, in die 2009 immerhin 123 Millionen flossen, ab 2010 nicht mehr unter diesen Kostenpunkt.

Als "Zukunftsschwerpunkt des Budgets" bezeichnete Brauner den Bereich Bildung und Kinderbetreuung: 1,6 Milliarden stellt die Stadt Wien dafür heuer bereit. "Die Einführung des Gratiskindergartens ist die größte Mittelstandsförderung in der Geschichte dieser Stadt", sagte Brauner. Die Maßnahme entlaste die Eltern und bringe "richtige Beschäftigungseffekte".

Mehr Beamte

Wegen der Einführung des Gratiskindergartens steigt auch die Zahl der Beamten im kommenden Jahr: 58.183 Personen stehen dann im Sold der Stadt, heuer waren es 57.915 (plus 0,46 Prozent). Die Rathausopposition verweigert ihre Zustimmung zum roten Budgetvorschlag. Das machten Schwarz, Grün und Blau bereits zu Beginn der Debatte am Montagvormittag klar. VP-Klubobmann Matthias Tschirf fehlte der "mittelfristige Plan": "Man muss sehr aufpassen, dass man nicht die Kreisky'schen Fehler wiederholt." Die fehlenden Einnahmen, so Tschirf, versuche man zudem womöglich mit Gebührenerhöhungen auszugleichen, eine Befürchtung, die der freiheitliche Klubchef Eduard Schock teilte: "Die Rechnung bezahlt der Steuerzahler durch höhere Gebühren und Tarife."

Renate Brauner schloss im Gespräch mit dem Standard eine Gebührenerhöhung allerdings bereits vergangene Woche aus: "Das wird es sicher nicht geben", sagte sie. "Gebührenerhöhungen wären in wirtschaftlichen Zeiten, in denen wir Maßnahmen setzen, um die Kaufkraft der Menschen zu erhöhen, kontraproduktiv." Die grüne Klubchefin Maria Vassilakou begrüßte zwar den Umstand, dass die Stadt nun wieder mehr in Bildung investieren will, warf der SP allerdings vor, Mitschuld an der Bildungsmisere zu tragen. "Ihre Sparpolitik der letzten Jahre führte zu Pisa-Ergebnissen, die für eine Stadt wie Wien beschämend sind."

Am Tag eins zur Budgetdebatte brachte die Opposition auch jede Menge Beschlussanträge mit denkbar geringen Chancen auf eine Mehrheit ein. Die Grünen forderten die rote Stadtregierung auf, den 24-Stunden-Betrieb der Wiener U-Bahnen am Wochenende ohne Volksbefragung einzuführen, die ÖVP beantragte ein gemeinsames Vorgehen von Land und Bund in Sachen Transferkonto. (Martina Stemmer, DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2009)