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Der Weißensee ist eissicher, weshalb das Fehlen einer Stadt für die Austragung der friesischen Elf-Städte-Tour keine Rolle spielt.

Foto: EPA/Jannink

Techendorf - Es ist ein beeindruckendes Bild, wenn an einem eiskalten Jännermorgen mehr als 1500 Eisschnellläufer in ihren hautengen Anzügen am Weißensee an den Start gehen, um bis zu 200 Kilometer zu absolvieren. Tief gebückt, die Hände nach hinten verschränkt, ziehen sie dann, oft in Gruppen und abwechselnd im Windschatten fahrend, über mehrere Stunden ihre Runden auf dem riesigen Natureis.

Die alternative Elf-Städte-Tour auf dem Kärntner See auf 930 Metern Höhe ist die größte Eissportveranstaltung der Welt und der absolute Heuler für den niederländischen Wintersport samt stundenlanger TV-Übertragungen. Eisschnelllaufen wird in den Niederlanden seit mehr als 230 Jahren als Nahverkehrsvariante und Sportart praktiziert. Ende des 19. Jahrhunderts wurde eine 200 Kilometer lange Strecke durch elf Städte zur Königsdisziplin entwickelt. Die Elf-Städte-Tour (Elfstedentocht) war ursprünglich ein winterliches Volksfest in der Provinz Friesland. Gelaufen wurde auf den zugefrorenen Kanälen (Grachten). Die zunehmend verzweifelte Eissituation wegen immer wärmerer Winter ließ in den letzten Jahrzehnten aber kaum noch Bewerbe zu.

Vor 21 Jahren suchten deshalb die Veranstalter von „Stichting Wintersporten" nach einem Ausweichschauplatz für den Eisschnelllaufmarathon. Dreharbeiten am Eis zum James-Bond-Film "Der Hauch des Todes" mit Timothy Dalton lenken die Aufmerksamkeit auf den idyllisch gelegenen Kärntner Bergsee.

Im ersten Jahr nahmen noch ein paar Hundert Läufer teil, mittlerweile hat sich der Marathon aber zu einem Publikums- und Tourismusmagneten für die Region entwickelt. Heute kommen 3500 bis 4000 Aktive und insgesamt 35.000 Gäste zur Elf-Städte-Tour, natürlich vorwiegend aus den Benelux-Ländern. Früher gab es am Weißensee kaum Wintertourismus, mittlerweile macht die zweiwöchige Veranstaltung ein Drittel der Nächtigungszahlen in dieser Jahreszeit aus.

Zwischen dem 16. Jänner und dem 30. Jänner 2010 werden wieder insgesamt vier Volksläufe für Hobbysportler und Profis veranstaltet. Daneben gibt es Nachwuchsrennen, Teambewerbe und zum ersten Mal auch einen Lauf in historischer Kleidung und mit alten Holzschlittschuhen. Alles in allem werden zehn Rennen geboten. Der sportliche Höhepunkt ist das abschließende 200-km-Rennen der Profis, die alternativen niederländischen Meisterschaften. Seit 2000 steht der Weltrekord über diese Distanz bei fünf Stunden, elf Minuten und einer Sekunde, gelaufen am Weißensee.

Lange Bahn, gute Zeit

Im Idealfall ist im Jänner die ganze 6,5 Quadratkilometer große Eisfläche für den Wettbewerb geeignet, es hat aber auch schon Jahre und milden Wintern gegeben, in denen nur der kleinere, nicht allzu tiefe Bereiche des Sees vom mittlerweile schon legendären Eismeister Norbert Jank präpariert werden konnten. Für die Läufer ist es jedoch wesentlich angenehmer, ihre Bahnen auf der großen, 25 Kilometer lange Runde ziehen zu können. Durch die langen Geraden sind dann viel bessere Zeiten möglich. Nur in diesem Fall ist an einen neuen Weltrekord zu denken.

Gelingt er, wäre das in den Niederlanden schon fast ein staatstragendes Ereignis. Die Profis unter den Marathon-Eisschnellläufern genießen Heldenstatus, so ist Weltrekordler Arje Schreuder quasi der Hermann Maier der Niederlande. Selbst Prinz Willem-Alexander, der älteste Sohn von Königin Beatrix, hat die Elfstedentocht schon absolviert. Unter dem Pseudonym W. A. van Buren 1986, als zum bisher vorletzten Mal auf friesischem Eis gelaufen werden konnte. (Martin Grabner, DER STANDARD/Printausgabe, 5.12.2009)