Die semantische Landkarte zeigt, über welche Themen gehäuft berichtet wird und wo die weniger gecoverten Info-Täler liegen.

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Nicht nur beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen wird dieser Tage über den Klimawandel gegrübelt. Auch in der virtuellen Welt des World Wide Web gehen unentwegt Dokumente, Kommentare und Analysen online - angesichts der globalen Bedeutung der Konferenz in unüberschaubarer Zahl.

"Kurzfristige Trends und die Standpunkte der verschiedenen Interessengruppen sind auf herkömmlichem Wege kaum zu erfassen", sagt Arno Scharl vom Institut für Neue Medientechnologie der Modul University Vienna. Scharl hat sich gemeinsam mit Forschern der Wirtschaftsuniversität Wien und der Universität Graz zum Ziel gesetzt, den Informationsdschungel zu lichten und das Verfolgen von Meinungen und Informationsflüssen zu erleichtern.

Dazu wurde das Web-Portal Media Watch on Climate Change ins Leben gerufen, das mit dem Ju- ry-Award beim Multimedia-und- E-Business-Staatspreis 2009, der vom Wirtschaftministerium vergeben wird, ausgezeichnet wurde. Es zeigt mithilfe verschiedener Tools, über welche Themen wo und wie oft berichtet wird, welche weiteren Aspekte damit assoziiert und welche Schwerpunkte gesetzt werden. Dazu durchforstet ein Crawler mehrmals täglich bis zu eine halbe Million Dokumente und klopft sie mit semantischen Technologien auf ihre Relevanz für die Klimadebatte ab. Als Grundlage dienen die Webauftritte von 160 Nachrichtenmedien, 60 Umwelt-NGOs, den 1000 umsatzstärksten Unternehmen laut Fortune sowie hunderte Blogs - allerdings nur aus dem angloamerikanischen Raum.

Je nach Interessengruppe können Trend-Charts abgerufen werden, neben Listen relevanter Dokumente bietet das Portal aber auch eine ganze Reihe visueller Darstellungen: Eine Weltkarte zeigt, wo ein Dokument erstellt wurde und über welche Region berichtet wird, zudem werden ähnliche und lokal nahe liegende Texte gelistet; ontologische Begriffsnetzwerke, Grafiken mit häufigen Schlagworten und Wissenslandschaften betten die Begriffe in topografische Karten ein und ermöglichen, die Thematik in einem größeren Kontext zu sehen. Dabei wird auch berücksichtigt, ob Themen in einem positiven oder negativen Licht dargestellt werden.

"Die größte Herausforderung sind die explosionsartig wachsenden Datenmengen", berichtet Scharl, der bereits seit zehn Jahren an der Entwicklung der Technologie arbeitet, unter anderem mit Unterstützung des Programms FIT-IT Semantic Systems des Infrastrukturministeriums. Das Portal wächst jedenfalls: Künftig sollen sich dort auch die User austauschen können. (kri/DER STANDARD, Printausgabe, 09.12.2009)