Der Markuslöwe ist schon längst in Sicherheit gebracht, und auch die "Augen-Installation" an der großen Rolltreppe ist entfernt. Gerade rollen Arbeiter die Figuren der Weihnachtskrippe weg. Man spürt förmlich: jetzt wird es ernst für den einst größten und wichtigsten Bahnhof Österreichs - eine Ansichtssache von Michael Hierner

Foto © Michael Hierner/www.hierner.info

Wer heute durch die Hallen läuft, wird nun vor allem eines sehen: Blitzende Fotografen und Menschen, die noch einmal den Bahnhof sehen und erleben wollen.

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Dabei war gerade der Südbahnhof in den letzten Jahren immer unbeliebter und für viele ein Ort, von dem man möglichst schnell weg wollte.

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Laut einer Umfrage des VCÖ wurde der „Süd" sogar Erster im Ranking der schlechtesten und unbeliebtesten Bahnhöfe.

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Ist es also die berühmt berüchtigte Hassliebe, die die Wiener noch einmal hierher treibt, um ein letztes mal „Good Bye, Südbahnhof!" zu sagen?

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Tatsächlich: In den Augen einiger Passanten sind Tränen. Ein alter Mann steht da und klopft auf die Steinfassade, als ob er nach einem Schatz suchen würde. Andere stehen einfach nur fassungslos hier und machen die letzten Schnappschüsse vom Ort, der einst Österreichs wichtigste Bahn-Drehscheibe war.

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Ab 13. Dezember ist es aus und vorbei, dann ist der Südbahnhof in seiner jetzigen Form Geschichte. Denn in den nächsten Jahren soll am Gelände dann der neue Zentralbahnhof Wien werden. Es wird dies dann der vierte Versuch sein, auf diesem Gelände einen Bahnhof zu bauen, denn bereits 1846 stand hier der erste Bahnhof.

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Neben den markanten Marmorverkleidungen fällt im Inneren vor allem das riesige Dachfenster auf, welches im Laufe der Zeit leider immer dreckiger und von der Witterung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Auch der Fußboden ähnelte Dank der vielen Ausbesserungsarbeiten teilweise einem Tetris-Spielfeld.

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Von der großen Empfangshalle kommt man über eine Rolltreppe zum südlichen Teil, wo man gleichzeitig zu den Zügen Richtung Westen und Süden gelangt. Bis 1956 standen hier zwei unterschiedliche Bahnhöfe, die mit dem damals neugebauten Südbahnhof zusammengeführt wurden.

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Obwohl der Südbahnhof ebenso wie der Westbahnhof ein Symbol des Wiederaufbaus darstellt, wurde er im Gegensatz zum Westbahnhof nicht unter Denkmalschutz gestellt. Um aber trotzdem den „Geist" des Bahnhofes zu konservieren, wurden einige Kunstwerke und Einrichtungsgegenstände gerettet, und sollen im neuen Hauptbahnhof wieder verwendet werden.

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Darunter befindet sich jedoch nicht die Installation „Einen Augenblick Zeit" des Künstlers Kurt Hofstetter. Sie wurde vor 14 Jahren im Bahnhof installiert und wandert nun zu Peter Weibl ins ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie) in Karlsruhe. (Foto aus dem Jahre 2007)

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Ebenfalls bereits vor einiger Zeit in Sicherheit gebracht wurde der Markuslöwe. Er stand in der großen Empfangshalle und sollte an den alten Südbahnhof und seine Bahnstrecke nach Venedig erinnern. Ein zweiter Markuslöwe vom alten Südbahnhof befindet sich übrigens in Laxenburg. (Foto aus dem Jahre 2008)

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Übergeblieben sind auch noch einige Kioskbetreiber die bis zur letzten Minute im Bahnhof ihr Geschäft betreiben wollen. Die meisten anderen Geschäfte wurden allerdings bereits in den letzten Monaten abgesiedelt oder haben für immer Geschlossen.

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Am 12. Dezember schließen dann die Rollbalken zum letzten Mal. Und wenn dann der allerletzte Zug Samstagnacht um 23.59 Uhr Richtung Mürzzuschlag abfährt, ist auch der Ostblock-Charme des Südbahnhofs für immer Geschichte. Good Bye, Südbahnhof! (Michael Hierner, derStandard.at, 11.12.2009)

 

Fotos und Text: Michael Hierner,

Architekturfotograf aus Wien

www.hierner.info

Foto © Michael Hierner/www.hierner.info