Die Wiener sollen bei der für Februar angesetzten Volksbefragung nicht nur über einen 24-Stunden-Betrieb der U-Bahn am Wochenende und die Wiedereinführung der Hausmeister abstimmen, sondern auch über die Einführung einer City-Maut, eines verpflichtenden Hundeführscheins für bestimmte Rassen und über ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen. Dies hat Bürgermeister Michael Häupl am Dienstag in seiner wöchentlichen Pressekonferenz angekündigt. Der Urnengang soll demnach am 11., 12. und 13. Februar über die Bühne gehen, wobei dem Wahlvolk dafür gut 110 Orte offenstehen.

City-Maut

Die Frage nach der City-Maut wird auf das Gebiet der Inneren Stadt abzielen, mit der Ringstraße als Grenze. Sollte sich hier eine Mehrheit für die Maßnahme aussprechen, sei klar: "Damit wäre das Parkpickerl im 1. Bezirk abgeschafft. " Details wie eine mögliche Summe, die Autofahrer bei der Einfahrt in die City bezahlen müssten, werde man allerdings erst dann klären, wenn die Maßnahme gewünscht werde.

Der SPÖ-nahe Autofahrerclub ARBÖ äußerte sich in einer Aussendung ablehnend: "Der ARBÖ Wien lehnt die Einführung einer City-Maut für Wien aus ökonomischen und ökologischen Gründen in aller Deutlichkeit ab." Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) beschied hingegen, dass die Maßnahme die Lebensqualität der Bevölkerung verbessern würde. Keine Ablehnung kam auch aus dem Büro von City-Bezirkschefin Ursula Stenzel: "Die politische Willensbildung ist hier eine offene."

Man werde nie ein reflexartiges Nein im Bezirk praktizieren. Allerdings sollten Machbarkeitsstudien auf den Tisch über den Ist-Zustand und den Soll-Zustand, damit man eine fundierte Entscheidungsgrundlage habe. Und dann stelle sich natürlich die Frage, welches Gremium man mit solch einer Thematik betraue, hieß es in Stenzels Büro. Klar sei aber: "Es werden alle Vorschläge des Herrn Bürgermeister immer mit großem Respekt behandelt."

Die Autofahrer würden jetzt bereits 12 Mrd. Euro an jährlichen Steuern und Abgaben leisten, beschied hingegen der ARBÖ. Statt diese erneut zur Kasse zu bitten, solle Wien hingegen die funktionierende Parkraumbewirtschaftung weiterentwickeln, forderte Wien-Geschäftsführer Herbert Hübner. Feinstaub sei überdies dort zu bekämpfen, wo er entstehe. Und in der Wiener City gebe es keine einzige Messstelle mit Feinstaubüberschreitungen. Schließlich kämen auch 75 Prozent der Feinstaubbelastung von außerhalb Wiens in die Stadt geweht.

Der VCÖ forderte, die von Häupl bei der Fragenformulierung angekündigte Beschränkung auf die Innere Stadt als City-Maut-Zone zumindest auf die Fläche innerhalb des Gürtels auszuweiten. Auch solle die Maßnahme als Pilotphase eingeführt und dann erst über ihre Beibehaltung abgestimmt werden. Wo man im Vorfeld abgestimmt habe, wie etwa im schottischen Edinburgh, sei die City-Maut immer abgelehnt worden, so VCÖ-Experte Martin Blum. Wo man nach Einführung nachgefragt habe, wie in Stockholm, sei die Antwort der Bevölkerung hingegen mit "Ja" ausgefallen

Ganztagsschulen

Beim flächendeckenden Angebot an Ganztagsschulen orientiere man sich an den Erfahrungen der Eliteschulen, die allesamt in dieser Form organisiert seien - und dies aus gutem Grund, so Häupl. Dementsprechend sei er bei dieser Fragestellung auch dezidiert aufseiten der Befürworter. Diese gelte ebenso für die Wiedereinführung der "Hausmeister Neu". "Die anderen Fragen sind für mich offene Fragen", enthielt sich das Stadtoberhaupt einer Festlegung.

Hundeführschein

Beim Hundeführschein gehe es um eine Verpflichtung der potenziellen Halter zu einer Schulung, wobei Experten festlegen müssten, bei welchen Hunderassen dies zu gelten habe. Bis einschließlich Donnerstag sei er noch offen, dem Fragenkatalog eine sechste hinzuzufügen, erneuerte Häupl sein Angebot in Richtung der Opposition.

Schließlich sei die Idee des U-Bahn-Betriebes von der ÖVP gekommen, die der City-Maut von den Grünen. "Von Vorschlägen, die ich von Beratern bekommen habe, da ist kein einziger dabei", resümierte Häupl seine Auswahl der nun präsentierten drei Fragen, nachdem das grundsätzliche Vorhaben einer Volksbefragung bereits im November vorgestellt worden war. Er habe bewusst keine Sicherheitsbereiche eingeführt, da man nur diejenigen Themenfelder abklopfen wolle, bei denen die Stadt selbst in Umsetzung gehen könne. Die Sicherheit sei hingegen klare Bundesaufgabe, unterstrich Häupl.

Bis zur Abstimmung im Gemeinderat am kommenden Freitag werde nun der genaue Wortlaut der Fragen erarbeitet, wobei er nach wie vor die Opposition zur Zustimmung einlade. Bei der Volksbefragung selbst setzt Häupl auf zumindest ein Viertel der Wahlberechtigten: Eine Wahlbeteiligung ab 25 Prozent sei für ihn ein Erfolg.

Wiener Opposition wenig begeistert von neuen Fragen

Die Ankündigung von Bürgermeister Michael Häupl, auch die Themen City-Maut, Hundeführschein und Ganztagsschule bei der Volksbefragung im Februar aufs Tapet zu bringen, hat am Dienstag wenig Begeisterung bei den Wiener Oppositionsparteien ausgelöst. Die grüne Klubchefin Maria Vassilakou zeigte sich gegenüber der APA nahezu "sprachlos": "Das ist eine Vorgangsweise auf dem tiefsten Niveau."

So lege Häupl ohne Mitarbeit der Opposition selbst fünf Fragen fest: "Das spricht Bände, welchen Grad an Abgehobenheit man bereits erreicht hat." Wenn Häupl behaupte, mit dem Thema City-Maut einen grünen Vorschlag aufgenommen zu haben, solle er wenigstens die Güte haben, die Grünen diese Frage formulieren zu lassen: "Um ein gewisses Mindestniveau in der Wiener Politik zu wahren, stehe ich zur Verfügung." Es handle sich dabei schließlich um eine zentrale klimapolitische Maßnahme, bei der Häupl ohne Sachkenntnis einen Hüftschuss "zusammenpoltere", um das Thema zu desavouieren. Schließlich solle die Maut verhindern, dass von der Peripherie in das Zentrum der Stadt gefahren werde - wo man aber bereits sei, wenn die Ringstraße als Mautgrenze eingezogen werde.

Ähnliches gelte auch für den verpflichtenden Hundeführschein nur für bestimmte Hunderassen: "Wenn der Bürgermeister Wert darauflegt, sich lächerlich zu machen, dann ist ihm das gelungen." Bekanntlich könnten auch verhältnismäßig kleine Hunde bei einem Kind bleibende Bissschäden zurückzulassen. Man solle deshalb eine generelle Pflicht einführen und allenfalls gewisse Ausnahmen für winzige Hunde wie Chihuahuas zulassen.

ÖVP: "Fragen müssen ernsthaft und unmissverständlich formuliert sein"

Versöhnlicher zeigte sich VP-Klubchef Matthias Tschirf in einer Aussendung: "Die von Bürgermeister Häupl angekündigte Volksbefragung in Wien ist für uns grundsätzlich okay, die Fragen müssen aber ernsthaft und unmissverständlich formuliert und die Themen von grundsätzlichem Interesse für die Wiener Bevölkerung sein." Es dürfe jedenfalls keinen teuren SPÖ-Wahlkampfschmäh geben, der nur aus No-Na-Fragen bestehe. Man werde Häupls Angebot deshalb aufgreifen, noch bis Donnerstag Fragen zu formulieren und sich die Bereiche Familie und Jugend, Wirtschafts- und Arbeitsstandort sowie Sicherheit und Lebensqualität herausgreifen.

Strache: Themenblock Zuwanderung fehlt

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kritisierte, dass Häupl wichtigen Themenblöcken wie der "Zuwanderungs- und Ausländerpolitik" oder der "Wiener Sozialpolitik" nicht einmal einen Unterpunkt widme. Dabei sei die Volksbefragung eigentlich die Gelegenheit, ein umfassendes Stimmungsbild der Wiener zu erheben - ohne Filterung durch Genossen. FP-Mandatar Herbert Madejski befürchtete, dass Häupl via Volksbefragung die City-Maut via Hintertür in Wien einführen wolle, um die Autofahrer abzuzocken: "Aus diesem Stoff sind politische Offenbarungseide gewebt."

Einig zeigten sich die Oppositionsparteien bei der Kritik an den hohen Kosten der Befragung. Tschirf sprach von kolportierten 7,6 Mio. Euro, Vassilakou von gar 11 Mio. Euro, wovon alleine 4,4 Mio. Euro für Werbung ausgegeben werden sollten. Strache echauffierte sich über eine "sündteure Alibi-Aktion der SPÖ im bevorstehenden Wahljahr". (APA)